Die Niedersächsische Landeskartellbehörde hat eigene Hinweise zur Durchführung eines wettbewerblichen Konzessionierungsverfahrens nach § 46 EnWG veröffentlicht. Ziel der Hinweise ist es, zur Rechtssicherheit bei der Durchführung von Konzessionsverfahren beizutragen. Nachfolgend haben wir einige wesentliche Punkte herausgegriffen und zusammengefasst:
Hinweise zum Konzessionierungsverfahren
Der von der LKartB vorgeschlagene Ablaufplan für ein Konzessionsverfahren sieht vor, dass bereits 3 Jahre vor Auslaufen des Altvertrags mit der Organisation des Wettbewerbs begonnen werden sollte. Die LKartB empfiehlt, einen Konzessionsvertragsentwurf erarbeiten zu lassen, der den Spezifikationen und Interessen der Gemeinde Rechnung trägt. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG München wird dabei empfohlen, keine Regelungen zu Energiekonzepten mehr aufzunehmen.
Als Interessenbekundungsfrist hält die LKartB weiterhin einen Zeitraum von 3 Monaten für angemessen, eine Verlängerung ist unter Beachtung des Transparenzgebotes möglich. Nach Auffassung der LKartB ist die Fortzahlung der Konzessionsabgabe durch den alten Konzessionsnehmer grundsätzlich auch über den in § 48 Abs.3 EnWG genannten Jahreszeitraum hinaus geschuldet. Eine Rückversetzung bei Verfahrensfehlern hält die LKartB für möglich.
Nach Auffassung der LKartB wird mit dem sog. „Zweistufigen Verfahren“, bei dem die Auswahl des Beteiligungspartners und des Konzessionsnehmers strikt voneinander getrennt sind, den unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen am besten Rechnung getragen. Der Beteiligungswettbewerb sei dabei logisch zwingend vor dem Konzessionswettbewerb durchzuführen.
Das sog. „Einstufige Verfahren“, bei dem gleichzeitig die Konzession vergeben und ein Beteiligungspartner für eine gemeinsame Netzgesellschaft gefunden wird, hält die LKartB für kritisch. Dabei sei wesentlich, dass die Vergabe der Konzession nicht durch die Kriterien für die Beteiligungspartnersuche beeinflusst werden könne und das gesamte Verfahren den Anforderungen der §§ 46, 1 EnWG und des § 3 Abs.2 KAV genüge. Außerhalb der Konzessionsvergabe liegende Kriterien dürften daher kein so großes Gewicht haben, dass die dort im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde in den Vordergrund rückten und ein wirtschaftlich attraktives Angebot dadurch in der Bepunktung einen Rückstand bei den Kriterien für die Konzessionsvergabe aufholen könne. Wählt man dennoch das einstufige Verfahren, so empfiehlt die LKartB, das Wertungsverfahren möglichst weitgehend der Angebotswertung im zweistufigen Verfahren anzunähern, d.h. zunächst etwaige Beteiligungsangebote gegeneinander zu werten und den ermittelten Gewinner anhand eines weiteren Kriterienkatalogs mit den reinen Konzessionsangeboten zu vergleichen.
Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH ist laut LKartB ist nach einer Wartefrist von 15 Tagen seit Bekanntmachung des Verfahrensergebnisses eine ggf. vorliegende Behinderung im Rahmen der Auswahlentscheidung zugunsten der Rechtssicherheit hinzunehmen, so dass die Unbilligkeit i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB entfalle. Entgegen OLG Karlsruhe vom 16.03.2014 stellt die LKartB allerdings zur Vermeidung der sog. Präklusion nicht auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung binnen dieser Frist ab, sondern eine schlichte Rüge soll offenbar ausreichend sein.
Hinweise zu Informationsansprüchen
Hinsichtlich des Informationsanspruchs gegen den Altkonzessionär schließt sich die LKartB dem Gemeinsamen Leitfaden von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt vom 17.12.2010 an und verweist darüber hinaus auf weitergehende Informationsansprüche, wie sie das OLG Celle mit Urteil vom 09.01.2014 zuerkannt hat. Der Informationsanspruch des § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG sei weit auszulegen, um eine Teilnahme am Wettbewerb zu ermöglichen. Er umfasse – vorbehaltlich einer anderen Entscheidung durch den BGH – insbesondere die kalkulatorischen Restwerte. Bei Konzessionierung z.B. einzelner Ortsteile könne der Informationsanspruch auch über die Offenlegung der Netzentgelte und Erlösobergrenzen für das Gesamtnetz hinausgehen.
Hinweise zur Kriteriengestaltung
Nach Auffassung der LKartB sind die Kriterien für den Konzessionswettbewerb vom Rat der jeweiligen Gemeinde zu beschließen. Bei der Entscheidung über die Konzessionsvergabe seien die Ziele des § 1 EnWG mit mehr als 50% zu berücksichtigen. Dem Teilziel des § 1 EnWG komme dabei eine überragende Bedeutung zu, die sich auch in der Gewichtung widerspiegeln müsse. Der vom Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) erarbeitete Musterkriterienkatalog wird von der LKartB als wettbewerbsrechtlich unbedenklich erachtet, die LKartB verweist aber darauf, dass sie keine Gewähr dafür bieten könne, dass die Umsetzung in der Rechtsprechung Anklang findet.