BGH entscheidet über Rechtsbeschwerde zu dem Beschluss des OLG Düsseldorf v. 12.12.2012 (Az. VI-3 Kart 137/12)

BGH entscheidet über Rechtsbeschwerde zu dem Beschluss des OLG Düsseldorf v. 12.12.2012 (Az. VI-3 Kart 137/12)

BGH entscheidet über Rechtsbeschwerde zu dem Beschluss des OLG Düsseldorf v. 12.12.2012 (Az. VI-3 Kart 137/12) 150 150 Dr. Sven Höhne (kbk Rechtsanwälte)

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 03.06.2014 (Az. EnVR 10/13) die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 12.12.2012 (Az. VI-3 Kart 137/12) zurückgewiesen.

Vorgeschichte: Im Rahmen einer Netzübernahme konnten der abgebende und der neue Netzbetreiber u.a. keine Einigung über den zu übertragenden Anlagenumfang erzielen. Streitig waren insbesondere verschiedene gemischt genutzte Mittelspannungsleitungen, deren Herausgabe der abgebende Netzbetreiber verweigerte. Daraufhin stellte der neue Netzbetreiber bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Antrag auf Einleitung eines Missbrauchsverfahren gemäß § 31 EnWG. Die BNetzA hielt das Verfahren nach § 31 EnWG zwar nicht für einschlägig, leitete aber ein Verfahren nach § 65 EnWG ein.  Mit Beschluss vom 26.01.2012  (Az. BK6-11-052) verpflichtete die BNetzA den abgebenden Netzbetreiber u.a.  die streitigen Mittelspannungsleitungen an den neuen Netzbetreiber gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung zu übereignen.

Gegen diesen Bescheid legte der abgebende Netzbetreiber erfolgreich Beschwerde beim OLG Düsseldorf ein, das  den Beschluss der BNetzA mit Beschluss vom 12.12.2012 aufhob. In seiner Urteilsbegründung führte das OLG Düsseldorf insbesondere aus, dass

  1. die BNetzA das ihr zustehende Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt habe,
  2. § 46 Abs. 2 EnWG in der ab dem 07.07.2005 anzuwenden sei und nicht die ab dem 04.08.2011 geltende Fassung,
  3. § 46 Abs. 2 EnWG in der ab dem 07.07.2005 geltenden Fassung  jedoch keinen Übereignungsanspruch gewähre,
  4. der Überlassungsanspruch nach § 46 Abs. 2 EnWG in der ab dem 07.07.2005 geltenden Fassung die streitigen, gemischt genutzten Mittelspannungsleitungen nicht umfasse.

Gegen den Beschluss des OLG Düsseldorf hat der neue Netzbetreiber Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingereicht.

Auch wenn die Rechtsbeschwerde im Ergebnis vom BGH zurückgewiesen wurde, hat sich der erkennende Senat in der mündlichen Verhandlung am 03.06.2014 ausführlich zu dem Urteil des OLG Düsseldorf eingelassen. Der Vorsitzende Richter hat insbesondere zu folgenden Themen Stellung genommen:

  1. Aufgreifermessen der BNetzA:
    Der Senat erklärte, dass er der Auffassung des OLG Düsseldorf nicht folgen könne. Der Senat sehe keinen grundsätzlichen Vorrang des Zivilrechtswegs und ein breites Entschließungsermessen der BNetzA.
  2. Anwendbare Fassung des EnWG:
    Auf den zu entscheidenden Fall sei die ab dem 07.07.2005 geltende Fassung des § 46 EnWG anzuwenden. (In diesem Punkt scheint sich der BGH der Ansicht des OLG Düsseldorf anzuschließen.)
  3. Übereignungsanspruch nach § 46 Abs. 2 EnWG in der ab dem 07.07.2005 geltenden Fassung:
    Der Senat sieht hier in der zum 05.08.2011 in Kraft getretenen Neufassung der Regelung eine Klarstellung durch den Gesetzgeber, so dass auch nach der alten Fassung schon ein Übereignungsanspruch bestehen könne. Er ließ aber offen, ob er hierzu in der Urteilsbegründung Ausführungen vornehmen  wird.
  4. Anspruch auf Übereignung der gemischt genutzten Anlagen:
    Der Senat hat sich dahingehend geäußert, dass gemischt genutzte Anlagen vom Übereignungsanspruch des § 46 Abs. 2 EnWG erfasst sein könnten. Der Vorsitzende Richter hat dazu u.a. ausgeführt, dass das bestehende Durchleitungsrecht nicht als Argument gegen den Übereignungsanspruch gesehen werde, da damit jeder Übereignungsanspruch zu Fall gebracht werden könne. Auch der verfassungsrechtlichen Argumentation des OLG Düsseldorf mochte der Senat nicht folgen.
    Der abgebende Netzbetreiber hat in der mündlichen Verhandlung vor allem mit einer historischen Auslegung des § 46 Abs. 2 EnWG argumentiert. Hierzu hat der Vorsitzende Richter angemerkt, dass dies einer teleologischen Reduktion des § 46 EnWG bedürfe. Die vorgetragene historische Argumentation sei aber für die Begründung einer solchen teleologischen Reduktion nicht geeignet.
    Der Senat sieht im Zusammenhang mit den Übereignungsansprüchen aus § 46 Abs. 2 EnWG eine Differenzierungsmöglichkeit sowohl zwischen ausschließlich genutzten und gemischt genutzten Anlagen, sowie zwischen unmittelbar und mittelbar zur Versorgung erforderlichen Anlagen. Zur Abgrenzung, welche Anlagen nach § 46 Abs. 2 EnWG zu übereignen sind, scheint der Senat auf die zweite Abgrenzungsvariante zurückgreifen zu wollen.
  5. Wirksamkeit von Konzessionsverträgen bei fehlerhaften Konzessionierungsverfahren:
    Der Senat hat zudem im Lichte seiner Entscheidungen vom 17.12.2013 (Az. KZR 65/12 und KZR 66/12) zur Wirksamkeit von Konzessionsverträgen Stellung genommen. Dort hatte der Senat den Weg aufgezeigt, wonach „eine fortdauernde Behinderung durch den fehlerhaft abgeschlossenen Konzessionsvertrag im Interesse der Rechtssicherheit hingenommen werden muss“, wenn alle diskriminierten Bewerber um die Konzession ausreichend Gelegenheit gehabt haben, ihre Rechte zu wahren. Dies könne in Betracht gezogen werden, wenn in Anlehnung an den dem § 101a GWB zugrunde liegenden Rechtsgedanken alle Bewerber um die Konzession in Textform über die beabsichtigte Auswahlentscheidung unterrichtet wurden und der Konzessionsvertrag erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information abgeschlossen wird. Auf den mündlichen Einwand des Beschwerdeführers in der  Verhandlung, dass dies auch im verhandelten Fall möglicher Weise so abgelaufen sein könnte, äußerte der Vorsitzende Richter, dass diese in den Urteilen vom 17.12.2013 angedeutete Lösung des Senats „in die Zukunft gedacht war“. Wenn es alte Verfahren gäbe, die vor den BGH-Entscheidungen aus Dezember 2013 durchgeführt wurden, in denen eine entsprechende Bieterinformation erfolgt sei, müsse sich der Senat Gedanken dazu machen, wie diese Altfälle zu bewerten seien.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass aufgrund der Einlassungen des Vorsitzenden Richters in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Pflicht zur Übereignung von Mittelspannungsanlagen Hoffnung auf Klärung dieser Frage in der Urteilsbegründung besteht. Wie der BGH mit der Thematik Nichtigkeit von Konzessionierungsverfahren in „Altfällen“ umgehen wird, bleibt allerdings abzuwarten. Ebenso bleibt abzuwarten, in welcher Deutlichkeit sich die mündlichen Ausführungen in der Urteilsbegründung des Gerichts finden werden. Wann die Urteilsgründe verfügbar sind, ist offen.

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