OLG Celle erneut zur Akteneinsicht in Konzessionierungsverfahren

OLG Celle erneut zur Akteneinsicht in Konzessionierungsverfahren

OLG Celle erneut zur Akteneinsicht in Konzessionierungsverfahren 2000 1121 Christian Below (kbk Rechtsanwälte)

Das OLG Celle (Az. 13 U 34/23) hat im April 2024 erneut in einem Konzessionierungsverfahren Strom und Gas (§§ 46ff. EnWG) entschieden. Der Senat bekräftigte seine bisherigen Auffassungen, entwickelte die eigenen Grundsätze zur Akteneinsicht fort – und widmete sich en passant noch einigen prozessualen Fragen. Mit einigen Feststellungen grenzt sich das OLG Celle ausdrücklich von der Konzessionsrechtsprechung in anderen Teilen Deutschlands ab. Die amtlichen Leitsätze lauten:

  1. Dem in einem Verfahren zur Konzessionsvergabe nach § 46 EnWG unterlegenen Bieter steht gemäß § 33 Abs. 1, 2, § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB kein Anspruch auf gerichtliche Untersagung des Abschlusses eines Wegenutzungsvertrags allein wegen einer unterbliebenen oder unzureichend gewährten Akteneinsicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG zu. Die unterbliebene oder unzureichend gewährte Akteneinsicht kann im Verfahren gemäß § 47 Abs. 5 EnWG nicht im Wege einer eigenständigen Rüge, sondern lediglich als Transparenzmangel der Auswahlentscheidung geltend gemacht werden (Abgrenzung von KG, Urteil vom 24. September 2020 – 2 U 93/19, juris Rn. 94).

  2. Bei der Untersagung des Abschlusses eines Stromkonzessionsvertrags bis zur Gewährung ausreichender Akteneinsicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand als bei einer Untersagungsverfügung, die auf eine fehlerhafte Auswahlentscheidung der Gemeinde gestützt wird.

  3. Hat das erstinstanzliche Gericht ausdrücklich keine der gegen die Auswahlentscheidung erhobenen materiellen Rügen geprüft, sondern eine Untersagung der Konzessionsvergabe schon und allein wegen der nach seiner Auffassung unzureichenden Akteneinsicht für gerechtfertigt gehalten, kann in dem von der Gemeinde angestrengten Berufungsverfahren die Auswahlentscheidung nicht erstmals auf die von dem unterlegenen Bieter gerügten Fehler geprüft werden, wenn dieser keine (Anschluss-)Berufung erhoben hat.

  4. Wird durch die Gemeinde gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 EnWG (weitergehend) Akteneinsicht erteilt, beginnt nach der gesetzlichen Konzeption auch das Rügeverfahren erneut und kann dann in eine weitere Beantragung einer einstweiligen Verfügung auf der Grundlage des durch die Akteneinsicht vorgegebenen Sachverhalts münden, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Rügen aufgrund der neuen Akteneinsicht erstmals erkennbar waren (Abgrenzung von OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Mai 2023 – 2 U 201/22, juris Rn. 118). 5. Beginnt das Rügeverfahren aufgrund einer gewährten (weitergehenden) Akteneinsicht von Neuem, darf ein Wegenutzungsvertrag bis zum Ablauf der Fristen gemäß § 47 Abs. 2 Sätze 3, 4 EnWG und § 47 Abs. 5 Satz 1 EnWG nicht abgeschlossen werden.

  5. Beginnt das Rügeverfahren aufgrund einer gewährten (weitergehenden) Akteneinsicht von Neuem, darf ein Wegenutzungsvertrag bis zum Ablauf der Fristen gemäß § 47 Abs. 2 Sätze 3, 4 EnWG und § 47 Abs. 5 Satz 1 EnWG nicht abgeschlossen werden.

Das vollständige Urteil vom 30.04.2024, Az.: 13 U 34/23 ist hier verfügbar.