Eingang einer Rüge am letzten Tag der Frist, Freitag 17:03 Uhr: zu spät!

Eingang einer Rüge am letzten Tag der Frist, Freitag 17:03 Uhr: zu spät!

Eingang einer Rüge am letzten Tag der Frist, Freitag 17:03 Uhr: zu spät! 150 150 Elias Könsgen (kbk Rechtsanwälte)

Urteilsbesprechung OLG Dresden (Urt. v. 27.01.2021, U 6/20 Kart).

Gemäß § 47 Abs. 2 EnWG sind in sogenannten Konzessionierungsverfahren (Strom und Gas) Rechtsverletzungen, die

  • aufgrund einer Bekanntmachung nach § 46 Absatz 3 erkennbar sind, innerhalb der Frist aus § 46 Absatz 4 Satz 4 ( 3 Kalendermonate) zu rügen.
  • aus dem ersten Verfahrensbrief (Auswahlkriterien und deren Gewichtung) erkennbar sind, innerhalb von 15 Kalendertagen ab deren Zugang zu rügen.
  • im Rahmen der Auswahlentscheidung auftreten und hieraus erkennbar sind, innerhalb von 30 Kalendertagen ab deren Zugang zu rügen.

Das Urteil des Kartellsenats am OLG Dresden (Urt. v. 27.01.2021, U 6/20 Kart) verkürzt diese ohnehin vergleichsweise eher knapp bemessenen Rügefristen zu Lasten des unterlegenen Bieters auf den Zeitpunkt, bei dem üblicherweise mit Zugang gerechnet werden muss (§ 130 BGB). Konkret bezieht sich das Urteil auf die 30-tägige Rügefrist bei der Auswahlentscheidung.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

[…]

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

In dem vorliegenden Rechtsstreit sah das OLG Dresden eine Rüge, die am letzten Tag der Frist, einem Freitag um 17:03 Uhr per E-Mail bei der Gemeinde eingegangen war, als präkludiert an. Für den Zugang der Rüge beim Adressaten sei § 130 BGB anzuwenden. Eine Rüge sei also so zuzustellen, dass üblicherweise mit einer Kenntnisnahme des Empfängers zu rechnen ist. Bei einer Behörde sei an einem Freitag zumindest nach 16 Uhr nicht mehr mit einer Kenntnisnahme zu rechnen, sodass die E-Mail bei der Gemeinde erst am folgenden Montag zugegangen sei. Zu diesem Ergebnis kommt der Kartellsenat, indem er eine Parallelität von § 47 EnWG zu § 160 GWB erkennt. Bei § 160 GWB sei es herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass § 130 BGB anzuwenden sei. Dasselbe gelte demnach auch für § 47 EnWG.

Offen bleibt, ob dies auch gelten soll, falls für die Gemeinde als Kontaktstelle eine externe Stelle, etwa eine beratende Kanzlei, benannt ist.

Bieter sollten bis auf Weiteres Vorsicht walten lassen und etwaige Rügen so erheben, dass der Zugang beim Empfänger am letzten Tag der jeweils geltenden Rügefrist vor 16 Uhr gewährleistet ist.

 

Das Urteil ist bisher nicht frei zugänglich online verfügbar, kann jedoch bei juris mit einem entsprechenden Zugang abgerufen werden. Weitere Fundstelle: IR 2021, 105.

Wir danken der Rechtsreferendarin Frau Charlotte Richter für ihre Recherche bei der Erstellung dieses Beitrags.

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