OLG Dresden zur Akteneinsicht – Urteil v. 07.10.2020

OLG Dresden zur Akteneinsicht – Urteil v. 07.10.2020

OLG Dresden zur Akteneinsicht – Urteil v. 07.10.2020 150 150 Arna Kaletovic

Das Oberlandesgericht Dresden hat mit Urteil vom 07.10.2020 (Az. U 1/20 Kart) folgende Feststellungen hinsichtlich des Akteneinsichtsrechts nach § 47 EnWG getroffen:

  1. Die inhaltliche Richtigkeit der im Auswertungsvermerk zusammengefassten Bewertung müsse für den unterlegenen Bieter überprüfbar sein. Eine Überprüfung sei nur dann möglich, wenn der unterlegene Bieter Einsicht in das Angebot des im Bieterverfahren bis dato obsiegenden Bieter erhält. (S. 12)
  2. Die Einsicht sei in die vollständigen Bewerbungsunterlagen zu gewähren, da etwaige Übertragungsfehler sowie Fehldeutungen bedingt durch die gekürzte Darstellung der Angebotsinhalte ansonsten nicht identifiziert werden könnten. (S. 12)
  3. Das Einsichtnahmerecht solle auch nicht auf solche Positionen beschränkt werden, in denen der unterlegene Bieter die volle Punktzahl erhalten hat. Allein durch die Einsicht könne der unterlegene Bieter prüfen, ob das Angebot des bis dato obsiegenden Bieter zutreffend bewertet wurde oder ihm [dem insgesamt unterlegenen Bieter] ein größerer Vorsprung zuzubilligen wäre. (S. 13)
  4. Aus dem Wortlaut des § 47 Abs. 3 S. 3 EnWG sei abzuleiten, dass das Vorliegen eines schützenswerten Geschäftsgeheimnisses eine Ausnahme und die Akteneinsicht den Regelfall darstellt. Mit Abgabe des Angebots hätten sich die Bieter, so das OLG, zumindest konkludent, mit der Einsichtnahme in ihre Angebote einverstanden erklärt. (S. 13)
  5. Offenbaren Unternehmen bei einer Ausschreibung Geschäftsgeheimnisse und kennzeichnen diese als solche, könne im Rahmen der Auswahlentscheidung aufgrund der zwingend herzustellenden Transparenz keine Rücksicht auf diese Tatsachen genommen werden. Die Informationen unterfielen im Verhältnis zu den Mitbewerbern auch nicht § 2 Nr. 1c GeschGehG. Denn mit Begehren einer transparenten Entscheidung fehle das berechtigte Interesse zur Geheimhaltung der der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Informationen. (S. 14)

Fazit

Das vorliegende Urteil des OLG Dresden ist nicht in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Insbesondere die Feststellung, der Geschäftsgeheimnisschutz habe im Rahmen des Überprüfungsverfahrens aufgrund der zwingend herzustellenden Transparenz per se zurückzustehen, widerspricht bereits dem Wortlaut des § 47 Abs. 3 Satz 3 EnWG.

Die Gemeinde hat die Einsicht in die Unterlagen zu versagen, soweit dies zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen geboten ist.

Schließlich ist dem Wortlaut des § 47 Abs. 3 Satz 3 EnWG zu entnehmen, dass die Gemeinde hinsichtlich der Einsichtnahme zwischen den Interessen der Bieter abzuwägen hat. Sollte eine Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht möglich sein, muss die Gemeinde demnach sogar die Einsicht versagen. Die Gewichtung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist somit je nach Einzelfall zu beurteilen und kann jedenfalls nicht per se zurückstehen. Die Argumentation des OLG ist somit kaum nachvollziehbar.

Auch die Begründung, dass ein Bieter, der eine faktenbasierte transparente Auswahlentscheidung begehrt, nicht zugleich auch ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Informationen haben kann, überzeugt nicht. Der an einer Ausschreibung teilnehmende Bieter begehrt von vornherein und fortwährend eine transparente und den verfahrensrechtlichen Grundsätzen entsprechende Entscheidung. Dieses Begehren besteht unabhängig vom Verfahrensstand. Sofern das OLG daher das berechtigte Interesse im Sinne von § 2 Nr. 1c GeschGehG ablehnt, ist nicht ersichtlich, weshalb dies erst im Überprüfungsverfahren zum Tragen kommen soll.

Die Seitenzahlen beziehen sich auf den Urteilsumdruck, welcher über die Website der sächsischen Justiz abrufbar ist.

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