OLG Karlsruhe zur Verfahrensgestaltung nach §§ 46 ff. EnWG

OLG Karlsruhe zur Verfahrensgestaltung nach §§ 46 ff. EnWG

OLG Karlsruhe zur Verfahrensgestaltung nach §§ 46 ff. EnWG 150 150 Elias Könsgen (kbk Rechtsanwälte)

Im August diesen Jahres hatte das OLG Karlsruhe (Urt. v. 28.8.2019, 6 U 109/18 Kart) über eine ganze Reihe von Rügen in einem Konzessionierungsverfahren (Strom) zu entscheiden. Die Rügen wurden bereits in einem frühen Verfahrensstadium, nämlich vor der Aufforderung zur Abgabe verbindlicher Angebote erhoben. Folglich betrafen die Rügen nicht die Auswahlentscheidung der beklagten Gemeinde, sondern überwiegend die Ausgestaltung des Verfahrens. Eine Besonderheit in diesem Verfahren bestand darin, dass ein Großteil der Auswahlkriterien einer absoluten Bewertungsmethode unterlag. Lediglich das Auswahlkriterium „Preisgünstigkeit“ sollte relativ bewertet werden. Das Einreichen von Konzepten wurde von den Bietern nicht verlangt. Gleichwohl war eine Verhandlungsrunde mit den Bietern vorgesehen.

Die Entscheidung enthält einige wichtige Hinweise für die zukünftige praktische Ausgestaltung von Konzessionierungsverfahren nach §§ 46 ff. EnWG.

Zum Thema Rügen

Nach dem OLG Karlsruhe sind nur solche Vertragsklauseln rügefähig, die „selbst Kriterium für die Auswahl des Konzessionärs sind oder sich in anderer Weise auf die Auswahlentscheidung der Gemeinde auswirken können.“ Wenn also die Gemeinde bestimmte Vertragsteile für alle Bieter verbindlich vorgibt, ohne diese zum Inhalt eines Auswahlkriteriums zu machen, sind diese grundsätzlich nicht rügefähig. Die gerichtliche Geltendmachung solcher „schlichten Vertragsklauseln“ bleibt „allein dem hiervon nach Vertragsschluss betroffenen zukünftigen Konzessionär vorbehalten.“ (Rn. 115 ff.)

Anknüpfend an die jüngere Rechtsprechung (vgl. etwa KG, EnWZ 2019, 76 Rn. 53; OLG Stuttgart Urt. v. 6.6.2019, 2 U 218/18) konkretisiert auch das OLG Karlsruhe die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge (Rn. 140). Demnach reicht das Äußern allgemeiner Bedenken gegen Verfahrenshandlungen nicht aus. Vielmehr muss der Bieter einen „konkreten objektiven Rechtsverstoß beschreiben und begründen“.

Zur Verfahrensgestaltung

Das OLG hat zudem entschieden, dass das Auswahlverfahren nicht zwingend als „offener Konzeptwettbewerb“ durchzuführen ist (Rn. 148 f.). Vielmehr haben die Gemeinden bei der Gestaltung des Auswahlverfahrens einen weiten Ermessensspielraum. Dieser ist nach Ansicht des Senats nicht durch den Verzicht auf das Einreichen von Konzepten überschritten. Dies eröffnet den Gemeinden folglich die Möglichkeit, die Auswahlentscheidung allein auf Grundlage von Vertragszusagen zu treffen.

Außerdem ist es nach dem Urteil den Gemeinden erlaubt, weite Teile des Konzessionsvertrags den Bietern verbindlich vorzugeben, ohne diese zum Bewertungsgegenstand zu machen (Rn. 155 ff.). Hier zieht der Senat eine Parallele zum Kartellvergaberecht (vgl. etwa § 16 S. 2 KonzVgV, § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VgV).

Anknüpfend an die neuere Rechtsprechung (vgl. KG, EnWZ 2019, 76 Rn. 61; OLG Karlsruhe, Urt. v. 3.4.2017 – 6 U 156/16 Kart, NJOZ 2018, 1809 Rn. 74) geht der Senat davon aus, dass die Gemeinde von sich aus nicht zwingend eine Plausibilitätsprüfung der Bieterzusagen vornehmen muss (Rn. 152 ff.). Die Gemeinde darf sich zunächst darauf verlassen, dass die Bieter grundsätzlich ihre eigene Leistungsfähigkeit korrekt einschätzen können und ihr Angebot entsprechend ausgestaltet haben. Der Senat führt hierzu aus:

„Soweit ein bei der Auswahlentscheidung unterlegener Bieter Zweifel an der entsprechenden Leistungsfähigkeit des ausgewählten Bieters hegt, ist er als Fachunternehmen besser als die Beklagte in der Lage […] der Gemeinde konkrete Anhaltspunkte in Bezug auf den vorläufig siegreichen Bieter mitzuteilen, die objektiv zu Zweifeln an der Plausibilität seines Angebots veranlassen und der Gemeinde danach eine konkrete Plausibilitätsprüfung gebieten.“

Demnach ist es aus Sicht der Gemeinde ggfs. erst nach einer konkreten Rüge durch einen Wettbewerber geboten, die Plausibilität einer Zusage näher zu prüfen.

Ähnlich wie zuletzt bereits das OLG Stuttgart (Urt. v. 6.6.2019, 2 U 218/18) entschieden hatte, sind auch nach Ansicht des OLG Karlsruhe mündliche Verhandlungen mit den Bietern zulässig (Rn. 159). Und zwar auch dann, wenn das Verfahren, wie im vorliegenden Fall, ohne Konzeptwettbewerb und in weiten Teilen mit einer absoluten Bewertungsmethode ausgestaltet ist.

Zudem trifft der Senat Aussagen zur Zulässigkeit einer Vielzahl von konkreten Auswahlkriterien (Rn. 165 ff.).

Das Urteil ist abrufbar in der Landesrechtsprechungsdatenbank Baden-Württemberg

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