OLG Brandenburg zur Gestaltung von Konzessionierungsverfahren (§§ 46ff. EnWG)

OLG Brandenburg zur Gestaltung von Konzessionierungsverfahren (§§ 46ff. EnWG)

OLG Brandenburg zur Gestaltung von Konzessionierungsverfahren (§§ 46ff. EnWG) 150 150 Christian Below (kbk Rechtsanwälte)

Das Brandenburgische Oberlandesgericht (Az. 17 U 1/19) hatte im August 2020 Gelegenheit, Stellung zur Gestaltung von Konzessionierungsverfahren nach §§ 46ff. EnWG zu nehmen.

Kritisch äußert sich das OLG zur Frage, ob zu den § 1 EnWG-Zielen, denen die Gemeinde bei der Auwahl des Konzessionärs verpflichtet ist, vertragliche Vorgaben seitens der Gemeinde gemacht werden dürfen. Daneben konkretisiert das OLG seine Anforderungen an Konzessionierungsverfahren, zu denen bisher nur rudimentäre gesetzliche Regelungen gibt:

  1. Nach Auffassung des OLG gingen die im Wegenutzungsvertrag enthaltenen, verbindlichen Vorgaben, insbesondere zu den § 1 EnWG-Zielen, über das zulässige Maß hinaus. Das heiße allerdings nicht, dass gar kein Wegenutzungsvertrag mehr vorgegeben werden dürfe.
  2. Aus § 46 Abs. 4 Satz 3 EnWG folge, dass eine Gemeinde, um ihre besonderen örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, grundsätzlich einer Gewichtung zugängliche Auswahlkriterien formulieren müsse. Die Gemeinde dürfe den Bieter nicht ohne legitimen Grund verbindliche Vorgaben machen.
  3. Allerdings bestehe nicht stets die Verpflichtung, einen offenen Konzeptwettbewerb durchzuführen, bei dem von den Bietern die Entwicklung eines Netzbewirtschaftungskonzeptes erwartet und ihnen zugleich eröffnet wird, alternative Vorschläge zu einem von der Gemeinde vorgegebenen Mustervertragsentwurf zu unterbreiten.
  4. Unbedenklich sei es, als Wertungskriterium beim Angebotsvergleich Einflussmöglichkeiten (insbesondere Informations- und Nachverhandlungspflichten, Mitwirkungs- und Konsultationsrechte) zu berücksichtigen.
  5. Die „Ungefährlichkeit des Netzbetriebes“ sei im Rahmen der Wertung zu berücksichtigen. Das müsse zwar nicht in einem gesonderten Wertungskriterium geschehen. Es sei aber erforderlich, diesem Gesichtspunkt eine erkennbar eigenständige Bedeutung – etwa mit zusätzlichen Wertungsmöglichkeiten – beizumessen.
  6. Die Geltendmachung der Rügen in Form von Einzelanträgen im einstweiligen Verfügungsverfahren sei jedenfalls unschädlich, wenn nicht gar im Interesse der Antragsklarheit geboten.

Mit dem Urteil stellt sich das OLG Brandenburg gegen die Rechtsprechung des OLG Karlsruhe, das die weitgehende Vorgabe von Vertragstexten für zulässig gehalten hatte.

Das Urteil im Volltext finden Sie hier.