VK Münster: Nachprüfungsverfahren der Suche nach einem privaten Partner für eine kommunale Netzgesellschaft nach SektVO

VK Münster: Nachprüfungsverfahren der Suche nach einem privaten Partner für eine kommunale Netzgesellschaft nach SektVO

VK Münster: Nachprüfungsverfahren der Suche nach einem privaten Partner für eine kommunale Netzgesellschaft nach SektVO 150 150 Dr. Sven Höhne (kbk Rechtsanwälte)

VK Münster, Beschluss vom 08.06.2012, Az. VK 6/12

Leitsätze
1. „Sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber“ im Sinne des § 104 Abs. 2 GWB können auch die Bestimmungen aus §§ 19 und 20 GWB, aus § 1 und § 46 Abs. 2 EnWG und dem § 3 KAV sein, so dass diese der Nachprüfung durch eine Vergabekammer unterliegen.
2. Vergabeverfahren nach dem GWB/SektVO und die Konzessionsvergaben nach dem EnWG können grundsätzlich separat erfolgen.
3. Findet hingegen eine Verknüpfung zwischen diesen beiden Verfahren – beispielsweise über ein Zuschlagskriterium – statt, müssen bei dem Vergabeverfahren nach der SektVO auch die Vorgaben aus dem EnWG, dem § 3 KAV und den §§ 19 und 20 GWB berücksichtigt werden.

In dem Nachprüfungsverfahren wegen des Erwerbs und des Betriebs von Strom- und Gasnetzen

….

hat die Vergabekammer Münster auf die mündliche Verhandlung vom 25. Mai 2012 durch die Vorsitzende Diemon-Wies, den hauptamtlichen Beisitzer Stolz und den ehrenamtlichen Beisitzer Dipl.-Ing. Meschede

am 8. Juni 2012 beschlossen:

1. Dem Nachprüfungsantrag wird stattgegeben. Der Antragsgegnerin wird unter- sagt, in diesem Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen. Soweit die An- tragsgegnerin an ihrer Beschaffungsabsicht festhält, ist bei einer Wiederholung der Vergabe, die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.

2. Die Kosten des Verfahrens werden auf xxxx Euro festgesetzt.

3. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

4. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die Aufwendungen der Antragstellerin für deren zweckentsprechende Rechtsverfolgung.

Gründe

I.

Die Städte und Gemeinden Axxxxxxxx, Bxxxxxxxxx, Hxxxxxxxx, Lxxxxxxxxxxx, Nxxxxxxxxxx, Oxxxx, Rxxxxxxxx und Sxxxxx beabsichtigen eine Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze in ihren Gebieten. Sie wollen zukünftig diese Netze im Wege einer interkommunalen Zusammenarbeit gemeinsam betreiben und haben deshalb 8 kommunale Netzgesellschaften jeweils in der Rechtsform einer GmbH gegründet. Zurzeit stehen diese Netze noch im Eigentum von zwei Energieversorgungsunternehmen, die auch über die Konzessionen für diese Netze verfügen. Geplant ist der Erwerb dieser Netze durch die jeweilige kommunale Netzgesellschaft (GmbH).

Weiterhin haben diese Netzgesellschaften gemeinsam die Mxxxxxxxxxx Netzgesellschaft GmbH & Co. KG (MNG) gegründet. Nach Erwerb der Netze durch die jeweilige Netzgesellschaft sollen diese an die gemeinsame GmbH & Co. KG verpachtet werden. Möglich sei aber auch eine Einbringung/Übertragung der Netze in bzw. auf die GmbH & Co. KG. Insgesamt geht es den Kommunen um die Stärkung des infrastrukturpolitischen Einflusses, aber auch um die Verbesserung der jeweiligen Einnahmesituation.

Die Konzessionen iSv § 46 EnWG für die Nutzung der jeweiligen Netze laufen in den nächsten Jahren aus und sollen nicht einfach neu an die derzeitigen Eigentümer der Netze (Energieversorgungsunternehmen) vergeben werden. Vielmehr planen die Kommunen, ein Vergabeverfahren gemäß § 46 EnWG durchzuführen, wobei sie davon ausgehen, dass sich entweder ihre neu gegründeten Eigengesellschaften (GmbH) oder die MNG erfolgreich an dieser Konzessionsvergabe beteiligen und die Wegenutzungsrechte erhalten. Vorfestlegungen seitens der Kommunen hinsichtlich der Konzessionsvergabe im Rahmen des Erwerbs der Netze soll es aber nicht geben.

Aufgabe der MNG soll laut Gesellschaftsvertrag der Erwerb, die Anpachtung, der Betrieb, die Planung und der Bau sowie die Errichtung und Instandhaltung von Strom- und Gasnetzen sein. Der Erwerb der Netze und das Betreiben der Netze durch die MNG sind Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens, während die Konzessionsvergabe nach dem EnWG noch offen ist und letztlich durch die jeweilige Kommune nach Abschluss dieser Vergabe erfolgen soll.

Antragsgegnerin in diesem Verfahren ist die MNG. Sie beabsichtigt zur geplanten Übernahme der Strom- und Gasnetze die Aufnahme eines strategischen Partners mit einer höchstens 49%igen Beteiligung in die Gesellschaft. Dabei ging die Antragsgegnerin davon aus, dass der Strategische Partner im Rahmen der kaufmännischen und technischen Betriebsführung Dienstleistungen (Unternehmensberatung gemäß Kategorie 11 des Anhangs 1 zur SektVO) für sie erbringen wird. Da die Antragsgegnerin Sektorenauftraggeberin iSv § 98 Nr. 4 GWB ist und sie feste Netze zur Versorgung der Allgemeinheit mit Strom und Gas betreiben will, hat sie eine Ausschreibung nach dem 4. Teil des GWB iVm der SektVO für erforderlich gehalten und diese durchgeführt.

Den voraussichtlichen Auftragswert für diese Ausschreibung schätzte die Antragsgegnerin auf mindestens 100.000 Euro pro Jahr, wobei eine Laufzeit von 20 Jahren vorgesehen ist. Ausgehend von dem Angebot der Antragstellerin überschreitet allein der Auftragswert für die Erbringung der Dienstleistungen bereits den maßgeblichen Schwellenwert erheblich.

Die Antragsgegnerin führte nach europaweiter Bekanntmachung im Jahre 2010 ein Verhandlungsverfahren durch, an dem sich u.a. die Antragstellerin und die mit Beschluss vom 19.4.2012 Beigeladene beteiligten. Beide Verfahrensbeteiligte sind Energieversorgungsunternehmen und die derzeitigen Eigentümer der Netze, wobei die Antragstellerin 11 und die Beigeladene 5 Netze betreibt. Daneben gab es noch zwei weitere Teilnehmer.

Ausweislich der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen nannte die Antragsgegnerin folgende Zielsetzungen (auszugsweise), die von den Teilnehmern erfüllt werden sollten:

– Stärkung des fachlichen Know-hows und Entwicklung eines Geschäftsmodells

– größtmögliche Sicherung der Refinanzierung des Netzerwerbs

– eigener Beitrag des strategischen Partners zur Finanzierung des Netzerwerbs

– ggf. Beschleunigung des Erwerbs aller Energieversorgungsnetze

– Gewährleistung der kaufmännischen und technischen Betriebsführung

– Mithilfe bei der Entwicklung eines noch zu entwickelnden Netzkonzeptes.

Einerseits beabsichtigt die Antragsgegnerin mit der Ausschreibung somit die Finanzierung des Netzerwerbs sicherzustellen, andererseits soll der strategische Partner die kaufmännische und technische Betriebsführung (Betreiben der Netze) übernehmen.

Die genaue Ausgestaltung des Beteiligungsmodells für die Übernahme und den Betrieb der Netze unter Einbindung des strategischen Partners sollte in Verhandlungen mit den Teilnehmern festgelegt werden. Zu diesem Zwecke wurden den Teilnehmern diverse Vertragsentwürfe überlassen, über die dann mit den Teilnehmern jeweils verhandelt wurde.

Im Entwurf des Konsortialvertrages (übersandt mit Bieterinformation Nr. 15) wird bestimmt, dass die Kommunen eine Konzessionsvergabe auf der Grundlage des als Anlage beigefügten Konzessionsvertragsmusters anstreben. Soweit die kommunalen Netzgesellschaften (GmbH) der beteiligten Kommunen die Konzessionen erringen sollten, werden sie diese der Antragsgegnerin im Wege der Verpachtung oder der Einbringung des zu erwerbenden Netzvermögens zur Verfügung stellen. Nachrichtlich beigefügt hatte die Antragsgegnerin auch den Entwurf eines Wegenutzungsvertrags (Konzessionsvertragsmuster). Dort wird u.a. bestimmt, dass die Kommune dem Netzbetreiber das Recht einräumt, die öffentlichen Wege zu nutzen, wobei der Netzbetreiber der Gemeinde je gelieferter Kilowattstunde eine Konzessionsabgabe in Höhe der Höchstbeträge gemäß der jeweils geltenden konzessionsabgaberechtlichen Regelung zu zahlen hat (Konzessionsabgabe).

Im Pachtvertragsentwurf wird bestimmt, dass die Verpächterin der Pächterin mit Pachtbeginn die Wegenutzungsrechte aus den als Anlage x beigefügten Konzessionsverträgen für das Netz für die Dauer des Pachtvertrages überlässt und die Pächterin die Verpflichtung zur Zahlung der fälligen Konzessionsabgaben an die Verpächterin übernimmt, die die Konzessionsabgabe an die berechtigte Kommune gemäß den Regelungen des jeweiligen Konzessionsvertrages zahlt.

Im Rahmen der 1. und 2. Verhandlungsrunde sollen nach dem Vortrag der Antragsgegnerin ausführliche Diskussionen über das Thema „Berücksichtigung des separaten Konzessionsverfahren nach § 46 EnWG“ mit den Teilnehmern geführt worden sein. Mit der Bieterinformation Nr. 12 vom 7.6.2011 hat die Antragsgegnerin die Frage, ob „unter dem Wertungskriterium „Rendite des Gesamtprojekts“ auch vertragliche Zusicherungen und Garantien wertungsrelevant sind und ob davon auch Regelungen zu einem möglichen Garantiezins umfasst werden, der möglicherweise nach § 3 KAV nichtig sein kann“ geantwortet:

Es werden alle Zusicherungen und Garantien berücksichtigt, die rechtlich zulässig sind. Der Bieter hat, wenn er z.B. einen Garantiezins anbieten möchte, dessen Vereinbarkeit mit § 3 KAV zunächst selbst zu beurteilen. Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass in diesem Vergabeverfahren nicht über die Konzessionsvergaben entschieden wird und eine Konzessionierung einer eventuellen gemeinsamen Netzeigentumsgesellschaft, sofern sie überhaupt vorgesehen wird, keinesfalls als sicher anzusehen ist. Sofern aus Auftraggebersicht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im indikativen Angebot vorgesehen Zusicherungen und Garantien besteht, werden diese im Verhandlungsgespräch und ggf. in weiteren Aufklärungsgesprächen mit dem betroffenen Bieter erörtert.

In der Ausschreibungsunterlage zur finalen Angebotsrunde (Stand 20.10.2011) forderte die Antragsgegnerin die Teilnehmer zur Einreichung abschließender verbindlicher Angebote (endverhandelte Verträge für das Beteiligungsmodell) bis zum 18.11.2011 auf. Die Bieter hatten darauf zu achten, dass die wesentlichen inhaltlichen und insbesondere auch wirtschaftlichen Aspekte des jeweiligen Konzeptes im vorzulegenden Vertragswerk verankert wurden. Die im Verhandlungsverfahren zum Konsortialvertrag nachrichtlich übersandten Wegenutzungsvertragsmuster mussten nicht eingereicht werden, da dessen abschließende Gestaltung den konzessionserteilenden Kommunen obliegen würde und ohnehin separat in einem Verfahren nach § 46 EnWG vergeben werden müssten.

Die Antragsgegnerin bestimmte insgesamt 3 Zuschlagskriterien, und zwar

– die Sicherheit der Netzübernahme (Risikoabdeckung) mit 60%,

– die Rendite des Gesamtprojekts (Wirtschaftlichkeit) mit 18% und

– die Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen des Projekts mit 22%.

Zu den einzelnen Oberkriterien (Zuschlagskriterien) nannte sie eine Vielzahl von Unterkriterien und teilte den Bietern auch die Bewertungsmethoden dazu mit. Beispielsweise wurden dadurch folgende Aspekte in die Bewertung der Angebote eingestellt: das Kaufpreisrisiko für den Erwerb der Netze, die Entflechtungskosten für die Netze, die nicht im Eigentum eines Bieters stehen, der Zeitrahmen bis zur kompletten Übernahme aller Einzelnetze, die Leistungserbringung vor Ort, um Leistungen des kaufmännischen Netzbetriebs in der Region zu erbringen und der vorsehbare wirtschaftliche Erfolg der Aktivitäten mit dem strategischen Partner. Unter dem Oberkriterium „Vertragliche Kriterien“ bewertete die Antragsgegnerin die von den Bietern vorgelegten Vertragsentwürfe hinsichtlich der Abweichungen von den vorgegeben Vertragsentwürfen in den Ausschreibungsunterlagen.

Weiterhin bestimmte die Antragsgegnerin unter Ziffer 6.2 der Ausschreibungsunterlage:

Jede kommunale Netzgesellschaft konzessioniert und erwirbt die jeweiligen Strom- und Gasnetze auf dem Gebiet ihrer kommunalen Gesellschafterin (vorbehaltlich der erfolgreichen Beteiligung an den Verfahren über die Vergabe der entsprechenden Konzessionen). Sie verpachtet oder überträgt diese Netze an die gemeinsame Münsterland Netzgesellschaft GmbH & Co. KG, die ihrerseits den Netzbetrieb sicherstellt. Daneben ist die kommunale Netzgesellschaft anteilig am Gewinn der Münsterland Netzgesellschaft GmbH & Co. KG beteiligt.

Alternative Gestaltungsformen wurden ausdrücklich zugelassen, wobei unter Ziffer 6.3 der Ausschreibungsunterlage u.a. als Mindestvorgabe bestimmt wurde:

Es ist zu berücksichtigen, dass die Konzessionen für die in Rede stehenden Strom- und Gasnetze ggf. in einem den Regeln des § 46 EnWG entsprechenden Verfahren im Wettbewerb errungen werden müssen. Den beteiligten Kommunen dürfen keine Vorfestlegungen hinsichtlich der Konzessionsvergabe abverlangt werden.

Die Antragstellerin, die Beigeladene und noch zwei weitere Teilnehmer reichten ihre endverhandelten Vertragsentwürfe als Angebote fristgemäß ein. Im Wesentlichen ist geplant, die Netze nach Erwerb durch die Antragsgegnerin im Wege der Verpachtung den Bietern zur Betriebsführung zu überlassen.

Ausweislich des Vergabevermerks bestehen keine Anhaltspunkte für unangemessen niedrige Angebotspreise. Ein unmittelbarer Vergleich der jeweiligen Angebotspreise sei aber wegen der Unterschiedlichkeit der von den Bietern angebotenen Modelle und der damit verbundenen Unterschiedlichkeit des jeweiligen Leistungsumfangs nicht möglich. Die beiden Verfahrensbeteiligten würden Pachtmodelle anbieten, während die anderen Bieter integrierte Stadtwerke-Modelle vorgesehen hätten.

Nach Wertung der Angebote erzielte die Beigeladene 91,3864 Punkte, während das Angebot der Antragstellerin mit 57,7988 Punkten bewertet wurde.

Insbesondere erhielt die Beigeladene beim 1. Zuschlagskriterium (Sicherheit der Netzübernahme) erheblich mehr Punkte als die anderen Bieter, da sie beabsichtigt hinsichtlich des Netzerwerbs höhere Risiken zu übernehmen als beispielsweise die Antragstellerin. Weiterhin erhielt die Beigeladene auch beim 2. Zuschlagskriterium (Rendite des Gesamtprojekts) die meisten Punkte, weil ihr Angebot gemessen an der Nettogewinnausschüttung besser eingestuft wurde.

Beim 3. Zuschlagskriterium (Vergleich der vertraglichen Regelungen) erzielte das Angebot der Beigeladenen höhere Punktwerte, weil sie die Möglichkeit der Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen in ihren Vertragsentwürfen unangetastet ließ, während die Antragstellerin hieran Einschränkungen anbrachte.

Nachdem die Antragstellerin vorab über den Ausschluss ihres Angebots informiert worden war, rügte sie diese Vergabeentscheidung umgehend mit Schreiben vom 19.3.2012 und beantragte anschließend, nachdem der Rüge nicht abgeholfen wurde, die Einleitung einer Nachprüfung.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass eine Nachprüfung vor einer Vergabekammer statthaft ist und sie auch umgehend nach Kenntniserlangung die Verstöße gerügt habe.

Der § 104 Abs. 2 GWB erfasse auch „sonstige Ansprüche“, so dass Vergabenachprüfungsinstanzen nicht nur Normen zu prüfen hätten, die originär im Vergaberecht verankert sind, sondern auch andere Regelungen, die Auswirkungen auf den Wettbewerb hätten. Insofern seien in einem Nachprüfungsverfahren auch die Regelungen der §§ 19 und 20 GWB sowie § 3 KAV zu prüfen, zumal sich die Verstöße gegen diese Vorschriften bereits auf den Wettbewerb in diesem Vergabeverfahren auswirken würden. Zudem könne sie sich nur in einem Nachprüfungsverfahren die Chance auf Zuschlagserteilung sichern.

Weiterhin trägt die Antragstellerin vor, dass sie entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht mit ihrem Vorbringen präkludiert sei. Die Antragstellerin behauptet, dass sie erst nach Mitteilung der Wertungsentscheidung und nach Recherche von Presseberichten, Anlass gehabt hätte, sich mit der Vorfestlegung zu beschäftigen. Zudem habe sie sich zuvor darauf verlassen, dass die Antragsgegnerin die Wertungsentscheidung ohne kartellrechtliche Verstöße vornehmen werde. Sie hätte nicht wissen können, ob die Antragsgegnerin solche Angebote, die gegen die Konzessionsabgabenverordnung verstoßen, tatsächlich in der Wertung unberücksichtigt ließ.

Darüber hinaus könne sie Verstöße gegen Kartellvorschriften jederzeit geltend machen, da diese Normen nicht nur der Wahrung ihrer subjektiven Interessen dienen würden, sondern auch der Wahrung öffentlicher Interessen und Zielen, so dass diesbezüglich keine Verfristung eintreten könne.

In der mündlichen Verhandlung behauptete die Antragstellerin, dass an den Verhandlungen keine Mitarbeiter mit vergaberechtlichem Know-how teilgenommen hätten, so dass sie nicht früher erkannt habe, dass möglicherweise das Gesamtkonzept der Ausschreibung grundsätzlich gegen Vergaberecht verstößt. Im Übrigen handele es sich um eine vergaberechtlich hoch komplexe Thematik, so dass sie letztlich erst nach anwaltlicher Beratung die gerügten Beanstandungen habe erkennen können.

Zudem rügte die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung, dass die Leistungsbeschreibung letztlich zu 100% Bedarfspositionen beinhalte und im Übrigen aufgrund der Leistungsbeschreibung sehr unterschiedliche Vertragstypen möglich gewesen seien, so dass damit eine unzulässige Verlagerung von vertraglichen Risiken auf den Bieter einhergehe, weil die Angebote nicht mehr miteinander vergleichbar seien.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Antragsgegnerin mit dieser Ausschreibung eine unzulässige Vorfestlegung in Bezug auf die Konzessionsvergabe nach dem EnWG vornehme, ohne dabei die Ziele des § 1 EnWG zu beachten. Insbesondere führe die Trennung der Vergaben dazu, dass die Kommunen, die letztlich Gesellschafter der Antragsgegnerin seien, sich Gegenleistungen zusichern lassen könnten, die im Widerspruch zu den Möglichkeiten nach dem EnWG stehen würden.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist die Antragstellerin der Auffassung, dass die Antragsgegnerin und die hinter ihr stehenden Kommunen, gegen kartellrechtliche Regelungen verstoßen haben. Einerseits seien die Kommunen, vermittelt durch die Antragsgegnerin, unternehmerisch im Sinne des GWB tätig, so dass die Vorgaben der §§ 19 und 20 GWB zu beachten seien. Andererseits seien bei der Auswahlentscheidung eines Konzessionsnehmers die Ziele des § 1 EnWG zu beachten, wonach insbesondere möglichst sichere und effiziente, für den Endverbraucher aber auch preisgünstige Vereinbarungen zu treffen seien. Es sei gerade nicht zulässig, dass eine Kommune nur rein fiskalische Interessen bei der Konzessionsvergabe nach dem EnWG verfolge. Diesbezüglich verweist die Antragstellerin auf Entscheidungen des Landgerichts Kiel vom 3.2.2012. Die Kommunen würden ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen, weil sie – losgelöst von der Konzessionsvergabe und den Vorgaben aus § 1 EnWG- einen Vertrag mit einem strategischen Partner schließen wollen, wobei u.a. die Verbesserung der kommunalen Einnahmesituation geplant sei. Damit würden die Kommunen fiskalische Interessen verfolgen, ohne die Ziele des § 1 EnWG zu berücksichtigen. Ein derartiges Vorgehen sei gesetzeswidrig, so dass der in Aussicht genommene Vertrag wegen Verstoßes gegen gesetzliche Vorgaben gemäß § 134 BGB nichtig sei.

Die Antragstellerin behauptet, dass sich aus der gesamten Struktur der Ausschreibung ergebe, dass es nicht nur um die Suche nach einem strategischen Partner für die Antragsgegnerin gehe, sondern bereits mit dieser Vergabe eine Vorfestlegung für die Konzessionen stattfinde. Denn sämtliche Verträge, die in der streitgegenständlichen Ausschreibung geschlossen würden, entfalten ihre Wirksamkeit erst mit der Konzessionierung. Ohne die Konzessionsvergabe könnten die Netze nicht betrieben werden. Durch die Gründung der Antragsgegnerin, die ohne strategischen Partner, nicht operativ tätig werden könne, zeige sich, dass diese rein fiskalische Interessen verfolge und mit dem Vergabeverfahren zur Erlangung der strategischen Partnerschaft die Vergaben nach dem EnWG und der KAV umgangen werden sollten. Damit stehe aber fest, dass eine Vorfestlegung stattfinde, was unzulässig sei. Darüber hinaus ergebe sich die Vorfestlegung auch aus dem Umstand, dass die beteiligten Kommunen bereits eingeleitete Konzessionsvergabeverfahren einfach nicht weiter geführt hätten. Diese blieben offensichtlich ausgesetzt, bis dass die vorliegende Ausschreibung abgeschlossen sei.

Weiterhin meint die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin auch im streitgegenständlichen Vergabeverfahren, also bei der Auswahl des strategischen Partners, § 3 KAV habe beachten müssen, da ansonsten die Vorschrift umgangen werde. Danach dürften sich Kommunen bestimmte Gegenleistungen nicht versprechen lassen, sondern es seien nur Leistungen zulässig, die Drittvergleichskonditionen standhalten würden. Nach dem Positionspapier aus Baden-Württemberg (Landeskartellbehörde) dürfen bestimmte Mindestrenditen von über 7% nicht überschritten werden, ansonsten könne man nicht mehr von marktüblichen Konditionen ausgehen.

Die Antragsgegnerin habe die Vergabekriterien aber so gewählt, dass derjenige die höchste Punktzahl erhält, der die meisten unternehmerischen Risiken übernimmt und die höchste Rendite zusage. Die Antragstellerin behauptet, dass sie davon ausgegangen sei, dass Angebote, die gegen das gesetzliche Nebenleistungsverbot aus § 3 KAV verstoßen würden, nicht berücksichtigt werden, was aber offensichtlich nicht der Fall sei. Denn das Angebot der Beigeladenen entspreche diesen Anforderungen nicht und müsse deshalb noch nachträglich ausgeschlossen werden. Aus der Vergabeakte sei erkennbar, dass die Beigeladene als Minderheitsgesellschafterin in ihrem Angebot umfassende Garantien und sämtliche Risiken übernommen habe, was wegen § 3 KAV unzulässig sei. Zudem habe sie feste Pachtzahlungen angeboten und auch noch weitere Ausschüttungen an die kommunalen Gesellschafter der Antragsgegnerin garantiert. Die Antragstellerin geht davon aus, dass die Beigeladene mehr als die „zulässigen“ 7% angeboten hat. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit ihrem Angebot, weil sie bereits die höchst zulässige Nettogewinnausschüttung versprochen habe und die Beigeladene mit ihrem Angebot erheblich darüber liegen müsse, da ansonsten die deutlich höhere Bewertung nicht nachvollziehbar sei.

Das Angebot der Beigeladenen sei wegen der vorstehend ausgeführten Verstöße somit zwingend vom Wettbewerb auszuschließen, weil es zu einem nach § 134 BGB nichtigen Vertragsschluss führe. Zudem habe die Beigeladene mit ihrem Angebot umfassende Garantieverpflichtungen übernommen, so dass der Angebotspreis derart unangemessen niedrig sei, dass die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung nicht sichergestellt werden könne. Ein Angebot, das den Bieter selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringe, sei wegen Unauskömmlichkeit auszuschließen.

Schließlich würde das Angebot der Beigeladenen auch gegen das Verbot der Auferlegung eines ungewöhnlichen Wagnisses verstoßen, weil sie mit ihrem Angebot erhebliche Risiken übernommen habe, so dass keine ernsthafte Kalkulation zugrunde liegen könne.

Die Antragstellerin ist weiterhin der Auffassung, dass die Antragsgegnerin ihre Zuschlagskriterien fehlerhaft angewandt hat. Die Antragstellerin geht davon aus, dass ihr Angebot hinsichtlich der „Wirtschaftlichkeit“ im Vergleich zum Angebot der Beigeladenen besser hätte bewertet werden müssen. Denn bei der Anwendung der einzelnen Wertungskriterien müsse man immer berücksichtigten, dass insgesamt 11 der im Streit stehenden Netze, bislang noch in ihrem Eigentum stehen würden. Demgegenüber besitze die Beigeladene nur 5 Netze, die zu übereignen seien.

Aus dieser Eigentumskonstellation hinsichtlich der Netze ergebe sich, dass ihr Angebot hinsichtlich diverser Zuschlagskriterien, wie beispielsweise des risikofreieren Kaufpreises, des Zeitrahmens bis zur kompletten Übernahme aller Einzelnetze, der Effizienz des Netzbetriebes usw., besser hätte bewertet werden müssen.

Darüber hinaus trägt die Antragstellerin vor, dass sie nach anwaltlicher Beratung in Bezug auf das Wertungskriterium „Leistungserbringung vor Ort“ darauf hinweise, dass es vergaberechtlich unzulässig sei, eine solche Forderung zu stellen. Die Bevorzugung örtlicher Unternehmen sei ein vergabefremdes Auswahlkriterium, das gegen das Wettbewerbsprinzip verstoße.

Beim Zuschlagskriterium 3 – Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen- habe die Antragsgegnerin den § 15 des Konsortialvertrages unberücksichtigt gelassen. Sie habe in ihrem Angebot einen Vorschlag unterbreitet, der keinen Verstoß gegen geltendes Recht beinhalte. Denn die Antragsgegnerin habe die Möglichkeit der Einflussnahme auf Investitionsentscheidungen erhalten, für deren Durchführung aber Mehrheitsbeschlüsse erforderlich seien, was dem Wesen einer Gesellschaft entspreche. Käme es nicht zu einer einvernehmlichen Abstimmung, müsse die Investition vom jeweiligen Gesellschafter und eben nicht von der Gesellschaft finanziert werden. Eine solche Begrenzung des Investitionsaufwandes der Gesellschaft sei erforderlich, weil angesichts der von der Antragstellerin gewährten Garantierendite ansonsten ein unkalkulierbares Risiko entstehe. Demgegenüber habe die Beigeladene volle Investitionsfreiheit bei gleichzeitiger Gewährung einer die kartellrechtlichen Grenzen überschreitenden Garantierendite angeboten, was unzulässig sei.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag im vorliegenden Vergabeverfahren an die Beigeladene zu erteilen und es wird beantragt, das Verfahren in einen ordnungsgemäßen Zustand zurück zu versetzen, in dem insbesondere keine Vorfestlegung der Konzessionsvergabe erfolgt und keine von § 1 EnWG abweichenden Auswahlkriterien für den strategischen Partner Anwendung finden.

2. hilfsweise: Die Beigeladene wird ausgeschlossen, da das Angebot der Beigeladenen in seiner Gesamtheit gegen das zwingende Preisrecht des § 3 KAV verstößt.

3. hilfsweise: Die Wertung wird unter Berücksichtigung der von der Vergabekammer geäußerten Rechtsauffassung wiederholt.

4. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

5. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Nachprüfungsverfahrens.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin aufzuerlegen,

3. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.

Die Antragsgegnerin behauptet, dass ihre Aussagen zum Thema Konzessionierung den Bietern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Wettbewerb um die strategische Partnerschaft vor Augen führen sollten. Denn nach Zuschlagserteilung müsse sie sich noch erfolgreich um die Konzessionen in einem Vergabeverfahren nach dem EnWG bewerben. Damit sollte aber keine Vorfestlegung verbunden sein. Vielmehr müsse über die Konzessionsvergabe jede Kommune in eigener Verantwortung noch entscheiden und die Antragsgegnerin, die zwar Eigengesellschaft dieser Kommunen sei, müsse sich in einem Wettbewerb mit privaten Konkurrenten um die jeweilige Konzession bewerben. Vor diesem Hintergrund sei das streitgegenständliche Vergabeverfahren erfolgt. Denn es liege auf der Hand, dass erst durch die Aufnahme eines branchenkundigen Partners sie in die Lage versetzt werde, sich überhaupt an den entsprechenden Konzessionsvergabeverfahren mit Aussicht auf Erfolg beteiligen zu können.

Die Antragsgegnerin meint, dass eine Vorfestlegung sich vorliegend auch nicht aus der Wahl der Zuschlagskriterien schließen lasse. Um die Wirtschaftlichkeit der Angebote bewerten zu können, habe man lediglich als Ausgangslage für sämtliche Bieter in einem Referenzszenario angenommen, dass alle Konzessionen von den beteiligten Kommunen übernommen werden. Im Übrigen habe sie aber immer auf eine klare und strikte Trennung dieser Vergabeverfahren geachtet und auf entsprechende Nachfragen der Bieter mit der Bieterinformation Nr. 12 nochmals für alle Bieter klargestellt, dass beide Verfahren strikt getrennt durchgeführt würden. Auch aus rechtlichen Gründen sei eine Vorfestlegung von vornherein ausgeschlossen gewesen, weil in einem Konzessionsvergabeverfahren die Ziele des § 1 EnWG zu beachten seien.

Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, dass sie durch diese strikte Trennung auch nicht das spätere Konzessionsverfahren unterlaufen habe. Richtig sei, dass in zahlreichen Zuschlagskriterien die für die Kommune zu erwartende Nettogewinnausschüttung (wirtschaftlichstes Angebot) bewertet worden sei. Aber für alle Bieter sei im Auswahlverfahren nach der SektVO unterstellt worden, dass sich die Antragsgegnerin noch erfolgreich um die Konzessionen bewerben müsse. Man könne nicht einfach unterstellen, dass die Kommunen ihre Verpflichtungen aus § 46 EnWG nicht ernst nehmen würden und kein Vergabeverfahren nach dem EnWG mehr durchführen würden. Denn ein solches Verfahren sei auch dann erforderlich, wenn Konzessionen an kommunale Tochtergesellschaften vergeben werden sollen.

Im Übrigen meint die Antragsgegnerin, dass die Rüge der Antragstellerin hinsichtlich des § 3 KAV nicht unverzüglich erfolgte, weil diese Thematik bereits während des Verhandlungsverfahrens umfassend mit allen Teilnehmern diskutiert worden sei. Im Übrigen sei die Auffassung der Antragstellerin zu § 3 KAV unzutreffend. Das Nebenleistungsverbot gelte nur im Verhältnis zwischen Kommune und Versorgungsunternehmen, nicht aber dann, wenn – wie hier – eine strikte Trennung zwischen dem nach der SektVO durchgeführten Vergabeverfahren für die Auswahl eines strategischen Partners und dem anschließenden Konzessionsvergabeverfahren erfolge. Schließlich sei nicht die Antragsgegnerin diejenige, die die Konzession vergebe, sondern dies könnten nur die Kommunen machen. Bei der vorliegenden Fallkonstellation fehle somit das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Konzessionsvergabe und der Aufnahme des strategischen Partners in das Gemeinschaftsunternehmen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei die Geltendmachung vermeintlicher Verstöße gegen die §§ 19 und 20 GWB ebenfalls nicht unverzüglich erfolgt. Soweit sich die Antragstellerin auf diese Vorschriften berufe und meine, dass sie jederzeit die Einhaltung fordern könne, müsse sie sich entgegen halten lassen, dass vorliegend die Verfahrensbestimmungen des GWB gelten würden, die auch insoweit einzuhalten seien. Zudem sei es nicht Aufgabe einer Vergabekammer im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens diese Rechtsvorschriften zu prüfen. Denn Vergabenachprüfungsinstanzen hätten nicht zu kontrollieren, ob sich öffentliche Auftraggeber außerhalb von Vergabeverfahren rechtskonform verhalten.

Darüber hinaus meint die Antragsgegnerin, dass sie weder das Angebot der Beigeladenen zwingend ausschließen müsse, noch habe sie ihre Bewertungskriterien fehlerhaft angewandt.

Selbst für den Fall, dass die Regelung des § 3 KAV zu berücksichtigen sei, liege ein Verstoß nicht vor. Die Antragsgegnerin behauptet, dass die Beigeladene mit ihren Zusicherungen im Angebot jedenfalls die grundsätzlich als zulässig anerkannte Rendite von 7 % nicht überschritten habe.

Die Antragsgegnerin ist weiterhin der Auffassung, dass das Angebot der Beigeladenen nicht gegen § 27 SektVO verstößt. Ungeachtet der Frage, ob die Prüfung der Auskömmlichkeit von Angeboten überhaupt dem Schutz anderer Bieter diene, sei Gegenstand des § 27 SektVO nicht der Ausschluss von Angeboten, die möglicherweise übermäßige Risiken beim Bieter belassen würden. Das könne aber beim Angebot der Beigeladenen nicht festgestellt werden. Nach Auswertung durch die Beratungsgesellschaft stehe fest, dass die Beigeladene keine Garantien übernehme, die sie von vornherein nicht erwirtschaften könne.

Zudem meint die Antragsgegnerin, dass ein Ausschluss des Angebots der Beigeladenen auch nicht wegen der Übernahme von ungewöhnlichen Wagnissen in Frage komme. Selbst wenn es ein solches Verbot im Anwendungsbereich der SektVO geben sollte, lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beigeladene bei der Kalkulation ihres Angebots derart wesentliche Risiken übernommen habe, dass eine Beeinträchtigung von Wettbewerbsgrundsätzen feststellbar sei.

Darüber hinaus trägt die Antragsgegnerin vor, dass sie keine fehlerhafte Bewertung der Angebote vorgenommen habe. Hinsichtlich der einzelnen Bewertungen zur „Wirtschaftlichkeit“ der Angebote, habe sie sehr wohl berücksichtigt, dass die Antragstellerin Eigentümerin von insgesamt 11 Netzen sei, während die Beigeladene „lediglich“ über 5 Netze verfüge. Bei sämtlichen Unterkriterien zur „Wirtschaftlichkeit“ sei aber die Nettogewinnausschüttung entscheidend gewesen, was sich ohne weiteres den Unterlagen entnehmen lasse. Das Angebot der Antragstellerin würde aber zu einer zu geringen Nettogewinnausschüttung führen, so dass es bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung erheblich weniger Punkte erzielte als das Angebot der Beigeladenen.

Hinsichtlich des Zuschlagskriteriums „Leistungserbringung vor Ort“ weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass hier alle Angebote mit 0 Punkten bewertet worden seien, weil es ihr nicht auf die Anzahl der Arbeitsplätze, sondern auf die Qualität angekommen sei. Darüber hinaus sei es nicht darauf angekommen, ob ein Bieter in der Region bereits ansässig ist, sondern inwiefern er bereit gewesen sei, die vorgesehenen Leistungen mit Kundenkontakt möglichst ortsnah zu erbringen. Im Übrigen habe die Antragstellerin diesen Gesichtspunkt nicht unverzüglich gerügt.

Die Antragsgegnerin trägt weiterhin vor, dass das Angebot der Antragstellerin hinsichtlich der Investitionsmöglichkeiten deshalb schlechter beurteilt worden sei, weil die von der Antragstellerin im Konsortialvertrag vorgesehene Einbeziehung eines konzerneigenen Unternehmens bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit möglicher Investitionen aus der Sicht der kommunalen Partner als Einschränkung aufgefasst worden sei.

Auf den Hinweis der Kammer zu „Bedarfspositionen“ trägt die Antragsgegnerin vor, dass es sich dabei um eine Reglementierung handele, die lediglich im Bereich der VOB/A und VOL/A gelte, nicht aber im Bereich der Sektorenverordnung. Hinzu komme, dass sämtliche Bieter spätestens mit der Bieterinformation Nr. 12 darüber in Kenntnis gesetzt worden seien, unter welchen Umständen die Angebote abzugeben seien. Hätten die Bieter sich dadurch in ihrer Kalkulation beeinträchtigt gefühlt, hätten sie dies rügen müssen. Im Übrigen sei die Betriebsführung ohne einseitige Optionsrechte ausgeschrieben worden. Der Umfang der Inanspruchnahme dieser Dienstleistung hänge nicht von der Antragsgegnerin ab, sondern von anderen Einflüssen, namentlich von einer erfolgreichen Bewerbung um die notwendigen Konzessionen.

Die Beigeladene vertritt die Auffassung, dass auch nach Umstellung der Anträge das Rechtsschutzziel der Antragstellerin nicht klarer geworden sei. Einerseits fordere die Antragstellerin „keine Vorfestlegung der Konzessionsvergabe“, andererseits verlange sie aber nicht die Aufhebung des Vergabeverfahrens, was nach ihrem eigenen Vortrag eigentlich inkonsequent sei. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, wie die Auswahlkriterien nach § 1 EnWG zu Zuschlagskriterien iSv § 97 Abs. 5 GWB werden sollten. Zudem seien die grundsätzlichen Einwände der Antragstellerin vollständig präkludiert, da sie sich zuvor mit erheblichem Zeitaufwand an dem Verfahren beteiligt habe, ohne die grundsätzliche Konzeption in Frage zu stellen.

Weiterhin meint die Beigeladene, dass die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens vorliegend nicht statthaft sei. Die Antragsgegnerin habe lediglich zur Rechtssicherheit die Dienstleistungselemente bei dieser Vergabe nach der SektVO ausgeschrieben. Bei gemischten Verträgen müsse aber nach dem Hauptgegenstand des Vertrages entschieden werden, ob überhaupt ein öffentlicher Auftrag iSv § 99 GWB vorliege. Vorliegend sei die ausgeschriebene Betriebsführung keinesfalls ein wesentlicher Bestandteil des Vertrages gewesen, so dass trotz der Ausschreibung der Vergaberechtsweg nicht eröffnet sei.

Im Übrigen meint die Beigeladene, dass die Antragstellerin nicht rechtzeitig gerügt habe. Bereits aus dem Exposè zum Teilnahmewettbewerb sei die grundsätzliche Konzeption der Antragsgegnerin ersichtlich gewesen, so dass die Antragstellerin schon vor den Verhandlungsrunden dies hätte rügen müssen. Aus der Bieterinformation Nr. 21 vom 18.1.2012 sei der Antragstellerin bekannt gewesen, wie ihr Angebot im Vergleich zum Angebot der Beigeladenen bewertet worden sei. Die Wertungstabelle sei dann mit dem Informationsschreiben vom 14.3.2012 übermittelt worden, so dass die am 19.3.2012 erhobene Rüge zwar unverzüglich sei, sich aber nur auf die diejenigen Aspekte beziehen könnte, die der Antragstellerin erst dann bekannt wurden.

Die Beigeladene ist weiterhin der Auffassung, dass es keine Vorfestlegung hinsichtlich der Konzessionen in diesem Vergabeverfahren gegeben habe. Vielmehr sei Ziel der Vergabe gewesen, die Antragsgegnerin so zu stärken, dass diese überhaupt an einem Wettbewerb um die Konzessionen teilnehmen könne. Weiterhin verweist die Beigeladene auf die Bieterinformation Nr. 12, aus der sich doch eindeutig ergebe, welche Ziele die Antragsgegnerin verfolge. Es sei keineswegs gewiss gewesen, dass alle beteiligten Gemeinden die Konzessionen an die Antragsgegnerin erteilen würden. Dies könne auch aus den Vertragsentwürfen geschlussfolgert werden. Dort sei bereits geregelt, dass ein Gesellschafter aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen werde, was beispielsweise der Fall sei, wenn endgültig feststeht, dass eine Kommune keine Konzession an die Antragsgegnerin erteilt. Demzufolge sei allen Bietern klar gewesen, dass das Beteiligungsmodell nur eine Chance war, die Konzessionen zu erhalten und den Netzbetrieb im Versorgungsgebiet sicherzustellen. Eine rechtliche Sicherheit gab es nicht.

Die Beigeladene meint zudem, dass die gewählte Konzeption zulässig sei. Sie verweist dazu auf einen Parallelfall in Hamburg, der vom Bundeskartellamt genehmigt worden sei.

Weiterhin meint die Beigeladene, dass die Argumentation der Antragstellerin zu § 3 KAV nur haltbar sei, wenn man davon ausgehe, dass zugleich die Konzessionen vergeben würden, was aber nicht der Fall sei.

Die Beigeladene ist auch der Auffassung, dass ihr Angebot nicht unauskömmlich ist, wobei sie darauf hinweist, dass sich ein Mitkonkurrent nur im Ausnahmefall auf diese Regelung in der SektVO berufen könne. Sie habe jedenfalls das Angebot marktüblich kalkuliert, wobei sie die von der Beratungsgesellschaft der Antragsgegnerin angestellten Modellrechnungen berücksichtigt habe. Zudem enthalte ihr Angebot auch kein ungewöhnliches Wagnis. Dieser Anforderung gebe es in der SektVO und auch der EG VOL/A nicht mehr. Im Übrigen sei Normadressat einer solchen Regelung die Vergabestelle, aber nicht der Bieter. Verstöße gegen das Kartellrecht könnten ebenfalls nur dann geprüft werden, wenn zugleich die Konzessionen erteilt würden, was aber vorliegend nicht der Fall sei.

Darüber hinaus trägt die Beigeladene vor, dass die Beanstandungen der Antragstellerin an der Wertung der Angebote kaum hilfreich wären, weil der Abstand zwischen den Punktwerten derart immens sei, dass die von der Antragstellerin vorgetragenen Gesichtspunkte kaum eine andere Rangfolge zuließen. Im Übrigen liefe die Argumentation der Antragstellerin hinsichtlich der diversen Unterkriterien zu dem Zuschlagskriterien „Wirtschaftlichkeit“ darauf hinaus, dass sie aufgrund der Eigentumsverhältnisse an den Netzen unterstelle, besser bewertet werden zu müssen. Aus dem Vergabevermerk ergebe sich aber, dass die Beratungsgesellschaft der Antragsgegnerin sowohl beim Kaufpreis, bei den Entflechtungskosten, den Zeitrahmen für die kompletten Übernahmen usw. immer die Risiken für die Fremdübernahmen entsprechend berücksichtigt habe. Soweit die Antragstellerin nunmehr die „Leistungserbringung vor Ort “ als ein unzulässiges Vergabekriterium beanstande, könne sie wegen fehlender Rüge damit nicht mehr durchdringen.

Auf den Hinweis der Kammer zu „Bedarfspositionen“ teilt die Beigeladene mit, dass nach ihrem Verständnis keine Leistung ausgeschrieben worden sei, deren Abruf unsicher sei. Vielmehr gehe es der Antragsgegnerin darum, einen strategischen Partner zu finden, mit dem sie sich gemeinsam um die Konzessionen bewerben könne. Ob diese Bewerbung Erfolg habe, hänge nicht von der Antragsgegnerin ab, sondern von den Kommunen. Insofern habe die Antragsgegnerin nicht die Entscheidungsbefugnis darüber, ob und in welchem Umfang die Leistungen aus dem Vertrag abgerufen würden, so dass eben keine Bedarfsposition vorliege.

Die Vorsitzende hat die Frist für die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 113 Abs. 1 GWB bis zum 6.7.2012 verlängert. Am 25.5.2012 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unterlagen der Antragsgegnerin, die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten und die Niederschrift aus der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.

(1) Die Zuständigkeit der Vergabekammer ergibt sich aus § 104 Abs. 1 GWB und § 2 Abs. 3 ZuStVO NpV NRW, da die Antragsgegnerin ihren Sitz im Regierungsbezirk Münster hat. Der Auftragswert für die im Streit stehenden Dienstleistungen (Unternehmensberatungen) übersteigen die nach § 1 Abs. 2 VgV, § 1 Abs. 2 SektVO iVm Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 vom 30. November 2009 festgelegten Schwellenwerte in Höhe von 387.000 Euro. Ausgehend vom Angebot der Antragstellerin geht die Kammer vorliegend – unter Berücksichtigung der geplanten Vertragsdauer von 20 Jahren – von einem geschätzten Auftragswert allein für die Dienstleistungen in Höhe von ca. 13 Mio. Euro aus.

(2) Die Antragsgegnerin ist Sektorenauftraggeberin iSv § 98 Nr. 4 GWB, weil sie beabsichtigt, den Betrieb der Strom- und Gasnetze selbst zu erbringen.

(3) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich aus § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat mit einem Angebot am Verfahren teilgenommen und hat reelle Chancen mit ihren Anträgen eine Korrektur der Vergabeentscheidung zu bewirken, soweit sie mit ihren Beanstandungen durchdringen sollte.

(4) Die Antragstellerin ist mit ihren Rügen gemäß § 107 Abs. 3 GWB nicht präkludiert.

Gemäß § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, entweder spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist oder vor Ablauf der Angebotsfrist gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zu rügen. Im Übrigen gilt gemäß § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 1 GWB Vergaberechtsverstöße, die erst im Vergabeverfahren erkannt werden, unverzüglich gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber zu rügen sind.

(4.1) Nach Auffassung des BGH, 26.9.2006, X ZB 14/06, gilt für § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 1 GWB, dass nur positiv erkannte Verstöße zu rügen sind. Das setzt positive Kenntnis aller tatsächlichen Tatumstände, aus denen die Beanstandung im Nachprüfungsverfahren abgeleitet wird, sowie die zumindest laienhafte rechtliche Wertung voraus, dass sich aus ihnen eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergibt. Wie auch sonst, wenn das Gesetz auf positive Kenntnis abstellt, bilden eine Ausnahme nur die Fälle, in denen der Antragsteller sich der vorausgesetzten und ihm möglichen Erkenntnis bewusst verschließt.

(4.2) Für den Begriff der „Erkennbarkeit“ iSv § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB hat das OLG Düsseldorf wiederholt, u.a. im Beschluss vom 13.4.2011, Verg 58/10, entschieden, dass auch diesbezüglich zu prüfen ist, ob die tatsächlichen Umstände erkannt wurden, und ob der Bieter damit zumindest auch laienhaft tatsächlich die Annahme eines Vergaberechtsverstoßes verbunden hat. Wegen Erkennbarkeit in den Vergabeunterlagen unterliegen im Allgemeinen nur solche Verstöße gegen Vergabevorschriften einer Rügeobliegenheit, so das OLG Düsseldorf, 3.8.2011, Verg 30/11, die sich auf eine allgemeine Überzeugung der Vergabepraxis gründen und die bei einer Durchsicht der Vergabeunterlagen, zu der die Bieter im Übrigen rechtlich nicht gehalten sind, als auftragsbezogene Rechtsverstöße gewissermaßen laienhaft und ohne Anwendung juristischen Sachverstands ins Auge fallen. Übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen sind bei dem regelmäßigen Umfang der Vergabeunterlagen, aber auch bei dem hohen Angebotsdruck, dem Wirtschaftsteilnehmer generell unterliegen, abzulehnen. Darüber hinaus hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 8.12.2008, Verg 55/08 entschieden, dass jedenfalls dann, wenn nicht mit der erforderlichen Rechtssicherheit eine vergaberechtliche Beanstandung offensichtlich vorliegt, weil die Rechtsauffassung sich in der Vergaberechtsprechung noch nicht gefestigt hat und die Verfahrensbeteiligten gerade sachlich-inhaltlich darüber streiten, nicht einfach zu Lasten der Bieter prozessual auf eine Rügeobliegenheit vor Angebotsabgabe geschlossen werden kann.

(4.3) Umstände, die vom Antragsteller erst im Nachprüfungsverfahren erkannt werden und aus denen er – zulässigerweise- Vergaberechtsverstöße ableiten will, unterliegen nicht der Obliegenheit zur Rüge nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, OLG Düsseldorf, 21.2.2005, Verg 91/04.

(4.4) Ausgehend von dieser Rechtsprechung, die die Kammer für zutreffend hält, ist die Rüge hinsichtlich der vermeintlichen Bedarfsposition unverzüglich iSv § 107 Abs. 3 S.1 Nr. 1 GWB erfolgt. Diesbezüglich steht fest, dass die Antragstellerin darüber vor Abgabe ihres Angebotes nicht nachgedacht hat und auch keine entsprechende rechtliche Bewertung vorgenommen hat. Zulässig war es auch, vermeintliche Bewertungsfehler erst nach Erhalt der Vorinformation zu rügen. Diesbezüglich wird von den Bietern nicht verlangt und kann auch nicht verlangt werden, dass sie solche Vergaberechtsverstöße, beispielsweise hinsichtlich der Anwendung der Zuschlagskriterien auf die Angebote anderer Bieter, schon vorher erkennen und rügen.

Im Laufe des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin aber nach Akteneinsicht ihre Rügen in Bezug auf das Angebot der Beigeladenen „umgestellt“, und zwar auf grundsätzliche Beanstandungen zur Ausschreibung, wobei sie zeitgleich auch ihre Anträge umformuliert hat. Während sie zunächst noch ihr Rechtsschutzbegehren auf den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen gerichtet hatte, begehrte sie nach Akteneinsicht die weitgehende Zurückversetzung der Ausschreibung wegen vermeintlich unzulässiger Vorfestlegungen hinsichtlich der Konzessionsvergabe.

Die Beanstandung, dass die Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin grundsätzlich vergaberechtswidrig ist, weil eine möglicherweise unzulässige Verknüpfung mit den §§ 19 und 20 GWB und dem § 3 KAV vorgenommen wurde, lässt die Kammer vorliegend nur mit ausdrücklichen Bedenken als rechtzeitig vorgebracht gelten. Die Angaben der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung waren äußerst fragwürdig, mitunter nicht glaubhaft. Dass ein Bieter, der sich mit Konzessionen für Strom- und Gasnetze grundsätzlich beschäftigt, keine Überlegungen hinsichtlich möglicher vergaberechtlicher Vorfestlegungen in Bezug auf das Vergabeverfahren nach dem EnWG bei einer derartigen Leistungsbeschreibung angestellt hat, sondern diesbezüglich sich auf die Position zurück zieht, man verfüge nicht über den erforderlichen „Vergabesachverstand“, ist schwer nachzuvollziehen. Zumal die Bieterinformation Nr. 12 doch zeigt, dass alle Bieter sich sehr wohl damit beschäftigt haben, ob nicht – trotz der Vorgaben der Antragsgegnerin – der § 3 KAV im streitigen Vergabeverfahren zu berücksichtigen ist, damit später in dem sich anschließenden Vergabeverfahren nach dem EnWG kein Rechtsverstoß iSv § 134 BGB geltend gemacht werden kann.

Die Kammer kann aber letztlich der Antragstellerin nicht eindeutig widerlegen, dass sie subjektiv eine solche rechtliche Bewertung bei den Verhandlungen mit der Antragsgegnerin tatsächlich und auch mit der erforderlichen Gewissheit vorgenommen hat. Allein der Umstand, dass sie unter Beachtung bestimmter Bestimmungen kalkuliert hat, reicht dafür ebenfalls nicht aus.

Darüber hinaus steht genau dieser Umstand in dem vorliegenden Nachprüfungsverfahren im Streit, wobei diese vergaberechtlichen Beanstandungen im Zusammenhang mit dem EnWG offensichtlich bislang nicht ausgeurteilt wurden. Eine gefestigte Rechtsprechung gibt es dazu noch nicht. Ob somit darin ein Rechtsverstoß eindeutig zu erkennen war, ist für alle Beteiligten noch offen; darüber wird grundsätzlich gestritten. Bei einer solchen Konstellation einem Bieter einseitig prozessual zu unterstellen, dass er bei seiner Bewertung als rechtlicher Laie einen solchen Rechtsverstoß auf jeden Fall habe „erkennen“ und rügen müssen, hält die Kammer vergaberechtlich nicht für zulässig. Im Ergebnis wird somit auch diese Rüge zur Nachprüfung zugelassen.

(5) Bei dem ausgeschriebenen Auftrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag iSv § 99 Abs. 1 und § 99 Abs. 4 GWB.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt nicht nur die Veräußerung von Anteilen an der GmbH & Co. KG, sondern mit dem Erwerber soll zugleich ein entgeltlicher Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen für die Gesellschaft, und zwar u.a. über die kaufmännische und technische Betriebsführung hinsichtlich der Strom- und Gasnetze geschlossen werden.

(5.1) Dass mit der Ausschreibung auch die Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze auf dem Gebiet derjenigen Kommunen beabsichtigt ist, die Kommanditisten der Antragsgegnerin sind, steht einer Auftragsvergabe nach der SektVO und dem GWB nicht entgegen, da gleichzeitig auch ein privater Kooperationspartner mit in die Aufgabenerfüllung einbezogen werden soll.

(5.2) Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ergibt sich auch nicht aus § 100 Abs. 2 lit. h) GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nicht für Aufträge über Erwerb oder Mietverhältnissen über oder Rechte an Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen ungeachtet der Finanzierung.

(5.3) Die Strom- und Gasnetze sind existierende bauliche Anlagen, die von der Antragsgegnerin erworben werden sollen. Eigentümer dieser Anlagen sind zurzeit noch die Antragstellerin und die Beigeladene. Da aber über den Erwerb hinaus noch Dienstleistungen erbracht werden sollen, liegt ein Mischvertrag vor, der sowohl ausschreibungspflichtige als auch vergabefreie (Erwerb der Anlagen) Tatbestände enthält. Da es sich bei dieser Mischform nicht um die Abgrenzung von unterschiedlichen ausschreibungspflichtigen Tätigkeiten iSv § 99 Abs. 8 GWB handelt, sondern mitunter auch um vergabefreie Tatbestände, kommt die Anwendung dieser Vorschrift vorliegend nicht in Betracht.

Allerdings gilt nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, u.a. 6.5.2010, C- 145/08, dass bei einem gemischten Vertrag, dessen einzelne Teile der Ausschreibung zufolge untrennbar miteinander verbunden sind und somit ein unteilbares Ganzes bilden, das betreffende Vorhaben im Hinblick auf seine rechtliche Einordnung in seiner Gesamtheit und einheitlich zu prüfen und auf der Grundlage der Vorschriften zu untersuchen ist, die den Teil regeln, der den Hauptgegenstand oder vorherrschenden Bestandteil des Vertrags bilden. Dies gilt unabhängig davon, ob sämtliche Aspekte des Vertrages unter das Vergaberechtsregime fallen oder Teilbereiche vorhanden sind, die für sich genommen ausschreibungsfrei sind, in diesem Sinne EuGH, 15.10.2009, Rs. C-196/08; OLG Karlsruhe, 15.10.2008, 15 Verg 9/08. So auch OLG Düsseldorf, 20.6.2001, Verg 3/01, wonach das gesamte Vertragspaket nach Vergaberecht auszuschreiben ist, soweit auch nur eine der Regelungen des Gesamtkonzeptes für die Anwendung des Vergaberechts relevant sein sollte. Entscheidend ist somit, ob die Gesamtregelung als Einheit konzipiert wurde. Zudem ist zu beachten, dass die Ausnahmetatbestände in § 100 Abs. 2 GWB eng auszulegen sind, so u.a. OLG Frankfurt, 30.8.2011, 11 Verg 3/11.

(5.4) Ausgehend von dieser Rechtsprechung, die die Kammer für zutreffend hält, kann zunächst festgestellt werden, dass bereits aus der Bekanntmachung erkennbar war, dass sich der beabsichtigte Vertrag sowohl aus dem Erwerb der Netze und dessen Finanzierung, aber auch aus der Vereinbarung über Dienstleistungen zusammensetzte, wobei durch die besondere Konstruktion, die die Antragsgegnerin hier wählte, und zwar die Anteilsbeteiligung an der Gesellschaft, alle Komponenten des Vertrages untrennbar miteinander verbunden waren.

Die Kammer ordnet die kaufmännische und technische Betriebsführung keinesfalls als eine im Verhältnis zum Erwerb der Netze untergeordnete Nebenleistungspflicht ein. Die Rekommunalisierung der Netze kann letztlich nur gelingen, wenn ein Dienstleister vorhanden ist, der die Betriebsführung beherrscht. Die Antragsgegnerin verfügt offensichtlich nicht über die erforderlichen Kenntnisse, so dass der Erfolg des Vorhabens wesentlich davon abhängt, dass der strategische Partner die Betriebsführung gewährleistet und darüber hinaus bei der Entwicklung eines Netzkonzeptes die Antragsgegnerin unterstützt. Vor diesem Hintergrund stellte die Hinzunahme des Kooperationspartners in die Gesellschaft mit der Verpflichtung zur Betriebsführung einen Schwerpunkt dieser Ausschreibung dar.

Der Auftrag unterliegt somit insgesamt – so wie von der Antragsgegnerin auch angenommen- dem Vergaberechtsregime und war deshalb nach den Vorschriften des GWB und der SektVO auszuschreiben.

(6) Der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens steht auch nicht § 104 Abs. 2 GWB entgegen. Danach unterliegen der Nachprüfung nur Verstöße gegen die Rechte aus § 97 Abs. 7 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind.

Bestimmungen über das Vergabeverfahren sind die Vorschriften der Verdingungsordnungen, die durch Verweisung in der Vergabeverordnung und die §§ 97 Abs. 6, 7 und 127 GWB Rechtssatzqualität erlangt haben, ferner die das Verfahren betreffenden Gebote des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) sowie bestimmte ungeschriebene Vergaberegeln (wie das Gebot der Fairness in Vergabeverfahren), vgl. OLG Düsseldorf, 22.5.2002, Verg 6/02. Die Bestimmungen über das Vergabeverfahren können sich aber auch aus Vorschriften ergeben, die nicht unmittelbar dem Vergaberecht zugeordnet werden.

Sind die entscheidungsrelevanten Regelungen nicht dem originären Vergaberecht zuzuordnen, sondern anderen Rechtsgebieten, für die eine andere Gerichtsbarkeit (beispielsweise die Zivilgerichtsbarkeit) zuständig ist, so wäre möglicherweise ein Verfahren vor der Vergabekammer nicht statthaft. Das ist vorliegend aber nicht der Fall.

(6.1) Der sachliche Anwendungsbereich des Vergaberechts erschließt sich zunächst aus den §§ 99 und 100 GWB. Denn die Parteien streiten u.a. darüber, ob bei der Ausschreibung der Leistungen sämtliche Kalkulationsrisiken ordnungsgemäß angegeben waren und die Wertung der Angebote vergaberechtlich ordnungsgemäß erfolgte. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob vorliegend nicht zu 100% eine Bedarfsposition (eine Chance) ausgeschrieben wurde, weil nicht abschließend geklärt ist, ob es tatsächlich zur Ausführung der Dienstleistung aufgrund des Vertragsschlusses kommt. Zudem sind öffentliche Aufträge diskriminierungsfrei und im Wettbewerb iSv § 97 Abs. 1 und 2 GWB zu vergeben.

(6.2) Gemäß § 104 Abs. 2 GWB sind aber auch „sonstige Ansprüche gegen öffentliche Auftraggeber“ von den Vergabekammern im Rahmen der Nachprüfungsverfahren zu prüfen. Als sonstige Ansprüche kommen die Bestimmungen aus §§ 19 und 20 GWB, aus § 3 KAV und aus dem EnWG in Betracht.

Der BGH, 3.7.2008, I ZR 145/05 meinte dazu, dass das Kartellvergaberecht die zivilrechtlichen Ansprüche, die im Fall von Vergabeverstößen geltend gemacht werden können, nicht abschließend regelt. Das GWB enthält für das Kartellvergaberecht kein in sich abgeschlossenes Rechtsschutzsystem, das eine Verfolgung von Rechtsverstößen nach § 4 Nr. 11 UWG (so der BGH) ausschließt. Vielmehr setzt § 104 Abs. 2 GWB ausdrücklich voraus, dass wegen Vergabeverstößen neben § 97 Abs. 7 GWB auch andere sonstige Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung gegen öffentliche Auftraggeber bestehen. Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 GWB begründet damit als Spezialregelung für den Bereich des Kartellvergaberechts eine ausschließliche Zuständigkeit der Vergabekammern nur für den Primärrechtsschutz gegen den Auftraggeber. Soweit ein Bieter gegen einen Mitbewerber vorgehen will, hat er § 104 Abs. 3 GWB zu beachten. Geht ein Bieter aber gegen den öffentlichen Auftraggeber vor und beanstandet er die Verletzung „sonstiger Ansprüche“, so muss er diese im Wege eines Nachprüfungsverfahrens vor den Vergabekammern geltend machen.

Die von den Vergabenachprüfungsinstanzen zu prüfenden „sonstigen Ansprüche“ können somit aus sehr unterschiedlichen Rechtsgebieten stammen, vgl. BGH, a.a.O für den Bereich des UWG, vgl. OLG Düsseldorf, 19.12.2007, Verg 51/07 für den Bereich des SGB, und Beschluss vom 13.8.2008, Verg 42/07 für den Bereich des § 107 GO NRW, VK Münster, 22.7.2011, VK 7/11 für den Bereich KrW-/AbfG.

Ausgehend von dieser Rechtsprechung, die die Kammer für zutreffend hält, können vor einer Vergabekammer somit grundsätzlich auch Verstöße gegen das EnWG, den § 3 KAV und den §§ 19 und 20 GWB zur Überprüfung gestellt werden.

(6.3) Um aber den Zweck der Rechtswegkonzentration in § 104 Abs. 2 GWB nicht zu konterkarieren, ist der Begriff „in einem Vergabeverfahren“ als Einschränkung zu verstehen, Dittmann, in Ziekow/Völlink, Kommentar zum Vergaberecht, § 104 GWB, Rn. 15. Als „sonstige“ Ansprüche außerhalb des Vergaberechts zu prüfen sind daher nur solche, die einen Bezug zu einem Vergabeverfahren haben. Ob die kartellrechtlichen Bestimmungen der §§ 19, 20 GWB aufgrund des Beschleunigungsgrundsatzes davon grundsätzlich ausgenommen sein sollen, so Dittmann a.a.O., lässt die Kammer vorliegend dahin gestellt. Denn nach Auffassung des OLG Düsseldorf, vgl. u.a. 13.8.2008, Verg 42/07, sind „sonstige Ansprüche“ (aus anderen Rechtsgebieten) sehr wohl in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu prüfen, soweit sie zeitlich mit der Vergabe zusammentreffen und sie Auswirkungen auf den Wettbewerb haben.

Die Bildung eines Kartells iSv § 1 GWB liegt beispielsweise in der Regel vor dem Beginn eines Nachprüfungsverfahrens. Auch im Bereich der Busdienstleistungen, die nur betrieben werden können, wenn die obsiegenden Bieter über eine nach dem PBefG erforderliche Konzession verfügen, handelt es sich um Genehmigungen, die auf einer Stufe vor oder nach der Vergabe entschieden werden können, vgl. dazu OLG Düsseldorf, 2.3.2011, Verg 48/10. Es fehlt in diesen Fällen bereits an einer zeitlichen Einbindung in das Ausschreibungsverfahren.

Demgegenüber sind aber Schutzrechte aus anderen Vorschriften in die Prüfung einzubeziehen, soweit dadurch ein Verstoß gegen die Wettbewerbsgrundsätze bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrages konkret möglich erscheint, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn bestimmte Anforderungen aus diesen Schutzgesetzen mit der konkreten Ausschreibung verknüpft werden.

Vorliegend kann davon ausgegangen werden, dass sich diese Schutzrechte aus den §§ 19 und 20 GWB, dem § 3 KAV und dem EnWG ergeben können, so dass jedenfalls zunächst für die Zulässigkeit festgestellt werden kann, dass die Verletzung solcher Bestimmungen als sonstige Ansprüche gegen einen öffentlichen Auftraggeber auch in einem Nachprüfungsverfahren vor einer Vergabekammer gemäß § 104 Abs. 2 GWB geltend gemacht werden können. Ob tatsächlich ein Verstoß gegen diese Bestimmungen vorliegt, der Auswirkungen auf den Wettbewerb hat, ist eine Frage der Begründetheit.

(6.4) Zutreffend hat zwar die Antragsgegnerin ausgeführt, dass nicht sie die Normadressatin der §§ 19 und 20 GWB, des § 3 KAV und des § 46 EnWG ist, sondern diese sich vielmehr an die Kommunen richten. Wiederholt hat aber das OLG Düsseldorf, vgl. Beschluss vom 17.6.2002, Verg 18/02; Beschluss vom 13.8.2008, Verg 42/07, entschieden, dass eine zu 100% von den Kommunen getragene Gesellschaft, wie vorliegend die Antragsgegnerin, keine weitergehenden Rechte hat, als die Kommunen selbst. Das ist vorliegend nicht anders zu sehen.

Die Kommunen sind als Kommanditisten über ihre jeweilige Eigengesellschaft derart mit der Antragsgegnerin verbunden, dass sie aufgrund der gesellschaftlichen Mehrheitsverhältnisse zurzeit noch einen 100%igen Einfluss auf die Entscheidungen der Antragsgegnerin haben. Die Kommunen beherrschen somit die Antragsgegnerin, was dazu führt, dass sich die Antragsgegnerin ebenfalls an solche Regelungen halten muss, die sich primär an die Kommunen richten.

Im Ergebnis ist der Nachprüfungsantrag somit zulässig.

(7) Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

Gemäß § 97 Abs. 7 GWB haben die Unternehmen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält.

Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Ausschreibung gegen die Bestimmungen der §§ 19 und 20 GWB, des § 3 KAV, aber auch gegen die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts aus den §§ 97 Abs. 1 und 2 GWB verstoßen.

(8) Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Trennung der beiden Verfahrensstufen ist jedenfalls in der vorliegenden Ausgestaltung vergaberechtlich nicht zulässig.

Die Ausschreibung in der vorliegenden Form verstößt gegen die Vergabegrundsätze aus den §§ 97 Abs. 1 und 2 GWB, wonach öffentliche Aufträge im Wettbewerb, transparent und diskriminierungsfrei zu vergeben sind.

Öffentliche Auftraggeber beschaffen Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und im Wege transparenter Vergabeverfahren, so § 97 Abs. 1 GWB. Gemäß § 97 Abs. 2 GWB sind die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund eines Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

Sind die Leistungen und auch die übrigen Vertragsbestandteile so klar beschrieben, dass sie vom Bieter einheitlich verstanden werden müssen, ist insbesondere das sie treffende Risiko hinreichend deutlich dargestellt, verstoßen die Vergabeunterlagen nicht gegen den Grundsatz der Transparenz, vgl. OLG Düsseldorf, 19.10.2011, Verg 54/11.

(8.1) Die Kammer hat zunächst keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine solche Verfahrensweise. Vergabeverfahren nach dem GWB und der SektVO sowie die Vergaben nach dem EnWG (Dienstleistungskonzessionen) sind in der Regel separat voneinander durchzuführen. Sie müssen nicht zwangsläufig miteinander verbunden werden. Insofern ist unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH, 18.11.2004, Rs. C-126/03 davon auszugehen, dass eine Doppelausschreibung erforderlich wird, wenn mehrere (öffentliche) Aufträge zu vergeben sind.

Allerdings setzt das voraus, dass es keine Verknüpfungen zwischen diesen Ausschreibungen in der Form gibt, dass bereits bei der 1. Ausschreibung Gesichtspunkte – wenn auch mittelbar – berücksichtigt werden, die Inhalte der 2. Ausschreibung sind. Eine Vermengung der beiden Ausschreibungen, ohne die Vorgaben eindeutig und klar für die Bieter zu bestimmen, ist vergaberechtlich nicht zulässig. Eine Vergabestelle muss sich gegenüber den Bewerbern klar positionieren; die Anforderungen für die Bieter – auch wenn diese mit hohen Kalkulationsrisiken verbunden sind- müssen eindeutig und unmissverständlich sein. Daran fehlt es hier.

Die Antragsgegnerin hat zwar wiederholt darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Konzessionsvergabe keine Vorfestlegung stattfinden solle. Durch das Zuschlagskriterium „Rendite des Gesamtprojekts“ mussten aber bei der ersten Ausschreibung bereits wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die erst im anschließenden Vergabeverfahren nach dem EnWG zu berücksichtigen waren. De facto hat die Antragsgegnerin damit teilweise Anforderungen aus dem EnWG bereits bei der 1. Ausschreibung – wenn auch verdeckt- aufgenommen.

Dies ergibt sich einerseits aus ihrer Bieterinformation Nr. 12, in der sie es den Bietern „überlässt“ ihre Angebote unter Beachtung der Vorgaben aus dem § 3 KAV zu kalkulieren. Weiterhin hat sie auch bei der Wertung der Angebote darauf geachtet, dass der von den Kartellbehörden als zulässig erachtete höchste Renditefaktor von 7 % nicht überschritten wird. Diesbezüglich hätte die Antragsgegnerin klare Vorgaben machen müssen. Nicht zuletzt zeigt auch die Rücknahme einer Bewerbung unter Hinweis auf das nicht eindeutige Konzept der Kommunen und den erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Verstöße gegen § 3 KAV, das die Vergabe nicht hinreichend transparent war.

Klarstellend weist die Kammer darauf hin, dass es nicht um die eindeutige Beschreibung von Kalkulationsrisiken geht, die an Bieter abgegeben werden sollen, sondern um die Doppeldeutigkeit der Aussagen der Antragsgegnerin. Einerseits behauptet die Antragsgegnerin, was sicherlich glaubhaft ist, dass sie keine Vorfestlegungen hinsichtlich der Konzessionen vornehmen will, sondern diesbezüglich noch jede Kommune einen freien Entscheidungsspielraum behalten soll. Andererseits negiert sie aber kontinuierlich die unmittelbaren Auswirkungen in der konkreten Ausschreibung, bedingt durch die Zuschlagskriterien, die sie so gewählt hat, dass die Vorschriften aus § 3 KAV und §§ 19 und 20 GWB betroffen sein könnten. Den Bietern dann mitzuteilen, dass sie selbst die Vereinbarkeit ihres Angebots mit § 3 KAV beurteilen sollen, reicht nicht aus, weil damit die Vergleichbarkeit der Angebote fraglich wird.

(8.2) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin wäre eine Verknüpfung beider Vergaben, also letztlich eine Doppelvergabe, ohne weiteres möglich gewesen, soweit die erforderliche Transparenz gewahrt wird.

Nach Auffassung des EuGH, 15.10.2009, Rs. C-196/08, führt die Tatsache, dass eine private Partei und ein öffentlicher Auftraggeber im Rahmen eines gemischtwirtschaftlichen Unternehmens zusammenarbeiten, nicht dazu, dass die rechtlichen Bestimmungen für Konzessionen bei der Vergabe von Konzessionen an diese private Partei oder das betreffende gemischtwirtschaftliche Unternehmen unbeachtet bleiben. Dafür sei aber nicht eine doppelte Ausschreibung erforderlich, sondern die Wahl eines privatwirtschaftlichen Partners und die Vergabe der Konzession an die allein zu diesem Zweck geschaffene Einrichtung mit gemischtem Kapital darf in ein und demselben Vorgang vereinigt werden (Rnrn. 57 und 58).

Dass gilt nach EuGH insbesondere auch für den Fall, dass die Vergabe der Konzession, weil es sich beispielsweise um eine Dienstleistungskonzession handelt, gerade nicht dem Vergaberechtsregime der Richtlinien unterfällt. Insofern konnte die Antragsgegnerin ohne weiteres auch die Vergabe der Konzessionen nach dem EnWG zugleich mit ihrer Ausschreibung der Dienstleistungen nach dem GWB und der SektVO verknüpfen.

Dass für die Konzessionsvergabe nach dem EnWG andere Maßstäbe gelten als für eine „Konzession, die das Betreiben von Wasserversorgungsnetzen ermöglicht“ steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, dass bereits auf der ersten Stufe, also bei der Suche nach dem strategischen Partner, die Vorgaben für die Konzessionsvergabe aus dem EnWG (§ 1 EnWG), aus § 3 KAV und aus den §§ 19 und 20 GWB hätten beachtet werden können. Ein solches Auswahlverfahren hätte ohne weiteres mit in die vorliegende Ausschreibung einbezogen werden können. Diesbezüglich kommt es nur auf die konkrete Ausgestaltung der Leistungsbeschreibung an.

(8.3) Dass die Antragsgegnerin bei der von ihr gewählten Form einer gestuften Vergabe sich nicht auf sämtliche Kriterien des EnWG von vornherein festlegen lassen wollte, weil dies- so wie in der Verhandlung ausgeführt- ihren wirtschaftlichen, auf Gewinnerzielung gerichteten Interessen möglicherweise entgegen stehen könnte, stellt eine Umgehung der Vorgaben aus dem EnWG dar. Denn die Antragsgegnerin und die hinter ihr stehenden Kommunen können nicht einfach ihre wirtschaftlichen Interessen und Chancen losgelöst von den Vorgaben des Gesetzgebers verfolgen, vgl. zu den weiteren Einzelheiten, LG Kiel, Urteil vom 3.2.2012, 14 O Kart. 83/10. Im Positionspapier der Landeskartellbehörde Baden-Württemberg wird bestimmt: „Der Verknüpfung von Konzessionsvergabe durch die Gemeinde und wirtschaftlichen Chancen der Gemeinde im Rahmen von Gemeinschaftsunternehmen sind Gefahren immanent, die sowohl den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf als auch den Inhalt der Konzessionsvergabe betreffen.“

Das gilt auch dann, wenn formal eine Trennung der beiden Vergabeverfahren vorgenommen wird, aber inhaltlich eine Verknüpfung über die Zuschlagskriterien erfolgt. Soweit eine Kommune in dieser Weise vorgeht – was an sich von der Kammer nicht beanstandet wird – dann darf sie nicht nur auf die für sie wichtigen wirtschaftlichen Umstände (Verbesserung der eigenen Einnahmesituation) abstellen, sondern sie muss auch die anderen Ziele aus § 1 EnWG als auch die Vorgaben aus den §§ 19 und 20 GWB und dem § 3 KAV beachten.

(9) Die Antragsgegnerin und die sie beherrschenden Kommunen haben durch die Leistungsbeschreibung auch gegen die Vorgaben aus dem EnWG und den §§ 19 und 20 GWB verstoßen.

Wie bereits ausgeführt, sind diese Vorschriften auch in einem Vergabenachprüfungsverfahren durch die Vergabekammern zu prüfen, soweit Verstöße gegen diese Bestimmungen bereits Auswirkungen auf die konkrete Vergabe haben und der Wettbewerb dadurch gestört wird.

(9.1) Nach Auffassung des OLG Düsseldorf, 13.8.2008, Verg 42/07, ist Anknüpfungspunkt der § 97 Abs. 1 GWB. Danach haben öffentliche Auftraggeber, Waren, Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb zu beschaffen. Das seien nicht nur Grundprinzipien des Vergaberechts, so das OLG Düsseldorf, sondern sie enthalten auch den konkreten, an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten Normanwendungsbefehl, bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags jede nur denkbare Wettbewerbsverfälschung und -beschränkung zu unterbinden. Der Begriff der Wettbewerbsbeschränkung umfasst im nationalen wie im EG-Recht in einem denkbar weit zu verstehenden Sinn jede Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs. Der Wettbewerb als ein zentrales Element der Beschaffungstätigkeit der öffentlichen Hand soll gegen jegliche, von welcher Seite auch immer drohende Beeinträchtigung geschützt werden. Demzufolge hat der öffentliche Auftraggeber Verhaltensweisen zu unterbinden, die gegen Gesetze verstoßen und dadurch den Wettbewerb stören. Die umfassende Durchsetzung des Wettbewerbsprinzips liegt nicht nur im Interesse des öffentlichen Auftraggebers, sondern auch der am Auftrag interessierten Unternehmen. Das Wettbewerbsgebot schützt folglich auch die Bieter und Bewerber im Vergabeverfahren. Ob der Wettbewerb im konkreten Fall tatsächlich gestört wird oder gegebenenfalls nur eine für den Wettbewerb nicht relevante Tätigkeit vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen.

(9.2) Ausgehend von dieser Rechtsprechung, die die Kammer für zutreffend hält, stört die Nichtbeachtung der Vorgaben aus dem EnWG die Vergabe des vorliegenden Auftrages über den Erwerb und die Betriebsführung der Netze. Es handelt sich keineswegs nur um weniger relevante Tätigkeiten, die keine Auswirkungen auf den Wettbewerb haben.

Gemäß § 46 Abs. 2 und Abs. 3 GWB haben die Kommunen – so die Auffassung der Kartellbehörden – bei der Vergabe der Konzessionen die allgemeinen Vergabeprinzipien zu beachten, auch wenn die Vorschriften diese nicht konkret benannt haben. Demnach muss bei der Auswahlentscheidung (Vergabeverfahren) insbesondere eine Bekanntmachung in geeigneter Form erfolgen und die Vergabe muss transparent und nichtdiskriminierend durchgeführt werden. Da die Disposition über die Neuvergabe der Konzession ausschließlich der Gemeinde zusteht, die die entsprechenden Wegenutzungsrechte zu vergeben hat, sind die Gemeinden darüber hinaus absolut marktbeherrschend und demnach an §§ 19, 20 GWB gebunden, d.h. sie dürfen diese Stellung nicht missbräuchlich ausnutzen und andere Unternehmen nicht unbillig behindern. Außerdem sind beim Wettbewerb um die Netze die Ziele des § 1 EnWG zu beachten, so LG Kiel, a.a.O. Weiterhin ist im Zusammenhang mit der Konzessionsabgabe der § 3 KAV zu beachten, wonach die gewährten Leistungen Drittvergleichskonditionen standhalten müssen.

Vorliegend haben die Antragsgegnerin und mittelbar auch die Kommunen jedenfalls gegen die Vorgaben des EnWG verstoßen, da sie im Rahmen dieser Ausschreibung die Anforderungen und Zielsetzungen aus dem EnWG nicht ausreichend beachtet haben. Die Leistungsbeschreibung enthält keine diesbezüglichen Vorgaben für die Bieter. Aus dem Zuschlagskriterium „Rendite des Gesamtprojekts“ ergibt sich aber eine mittelbare Verknüpfung, da die Wirtschaftlichkeit des ausgeschriebenen Gesamtprojekts auf der ersten Stufe der Vergabe zwangsläufig unter Beachtung des Preisrechts zu beurteilen war. Die Antragsgegnerin hat selbst vorgetragen, dass sie die Angebote – auch vor dem Hintergrund des § 3 KAV – bewertet hat. Damit hat sie sich für die 2. Stufe der Vergabe, dem Auswahlverfahren nach § 46 Abs. 2 EnWG, eine Stellung geschaffen, die eine „Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs“ nicht ausschließt. Letztlich hat inhaltlich bereits eine „Vorfestlegung“ hinsichtlich bestimmter Anforderungen aus dem EnWG stattgefunden, ohne dass diese formal erkennbar sind. Ein sich anschließender Wettbewerb um die Netze, an dem sich auch andere Energieversorgungsunternehmen als die am Verfahren beteiligten Unternehmen bewerben können, wird dadurch beeinträchtigt und verzerrt. Reelle Chancen auf Erhalt der Konzessionen haben solche Unternehmen als Konkurrenten zu dem bereits in der ersten Stufe ausgewähltem Energieversorgungsunternehmen, dann nicht mehr.

(10) Da bereits entsprechende Verstöße gegen Vergabevorschriften und anderer Bestimmungen, die in diesem Wettbewerb zu berücksichtigen waren, vorliegen, lässt es die Kammer dahin gestellt, ob die Leistungsbeschreibung der Antragsgegnerin auch deshalb zu beanstanden war, weil sie lediglich eine „Chance“, aber keine tatsächlichen Bedarf ausgeschrieben hat. Leistungsbeschreibungen, die zu 100% Bedarfspositionen enthalten, sind vergaberechtlich unzulässig.

(10.1) Keinen Beschaffungsvorgang stellen grundsätzlich der Abschluss von Gesellschaftsverträgen sowie die bloße Veräußerung von Gesellschaftsanteilen dar, Ganske, in Reidt, Stickler, Glahs, Kommentar zum Vergaberecht, 3. Auflage, § 99 Rnrn. 17 und 154; Eschenbruch, in Kulartz/Kus/Portz Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 99 Rn. 271 ff. Denn der bloße Eintritt in ein zum Teil von einem öffentlichen Auftraggeber gehaltenes Unternehmen stellt für sich noch keine Leistungserbringung für Letzteren dar. Überdies vermittelt der Anteilserwerb auch noch keinen konkreten entgeltlichen Gegenwert, sondern lediglich eine künftige Gewinnchance. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Beteiligung eines Privatunternehmens an einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen einen Bezug zur Beschaffung von Leistungen durch einen an diesem Unternehmen beteiligten öffentlichen Auftraggeber aufweist. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich die Beteiligung nicht nur in einer Kapitalanlage des künftigen privaten Gesellschafters erschöpft, sondern zugleich mit einer Vergabe von Liefer-, Dienst- und /oder Bauleistungen an diesen einhergeht, Ganske, a.a.O.

(10.2) Ausgehend von diesen Grundsätzen, ist jedenfalls dann, wenn man den Vortrag der Antragsgegnerin als zutreffend unterstellt, dies völlig offen. Denn ob die ausgeschriebene Dienstleistung (kaufmännische und technische Betriebsführung) überhaupt jemals von der neu gegründeten Gesellschaft erbracht wird, hängt davon ab, ob diese Gesellschaft, also die Antragsgegnerin, die Konzessionen in einem Vergabeverfahren nach § 46 EnWG erringen kann. Würden die Konzessionen an hier nicht beteiligte Dritte vergeben, dann kommt es jedenfalls nicht zur Ausführung der Dienstleistungen. Somit wird mit dieser Ausschreibung den Bietern lediglich „eine Chance“ eröffnet, aber keine Leistung fest vereinbart. Ob „Chancen“ Gegenstand von Ausschreibungen sein können oder damit eine Markterforschung betrieben wird oder – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – doch bereits eine Vorfestlegung für das weitere Auswahlverfahren nach dem EnWG geschaffen wird, lässt die Kammer dahingestellt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob zeitgleich mit dem Anteilserwerb schon der öffentliche Auftrag erteilt wird. Nach Auffassung des EuGH, 10.11.2005, C-29/04 (Stadt Mödling) ist nicht allein die zeitliche Abfolge entscheidend, sondern es ist unter Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen, ob ein öffentlicher Auftrag an die neu gegründete Gesellschaft erteilt werden soll. Also letztlich muss man bereits beim Anteilserwerb davon ausgehen, dass diese gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft die Dienstleistungen auch tatsächlich erbringen wird. Das führt wiederum zur Ausschreibungspflicht. Unterstellt man die Äußerungen der Antragsgegnerin als zutreffend, ist das keinesfalls gewiss.

(11) Die Kammer lässt es auch dahin gestellt, ob ein zuvor mit einem Kooperationspartner geschlossener Vertrag durch den tatsächlichen Erwerb der Konzessionen in einem sich anschließenden Vergabeverfahren nach § 46 Abs. 2 EnWG nicht wesentlich geändert wird, was ebenfalls vergaberechtlich nicht ohne Ausschreibung zulässig ist.

(12) Die Kammer lässt es auch dahingestellt, ob die Ausschreibung gegen § 7 Abs. 1 SektVO verstößt, weil den Bietern „ungewöhnliche Wagnisse“ auferlegt wurden.

Die Leistung ist eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind.

Das Verbot der Auferlegung eines ungewöhnlichen Wagnisses ist formal kein Rechtsgrundsatz mehr, so auch OLG Düsseldorf, 19.10.2011, Verg 54/11 für § 8 EG VOL/A. Ob dieser Grundsatz in der Sache sich noch aus anderen Vorschriften ergibt oder durch den Rechtsgrundsatz „Zumutbarkeit“ einer Leistungsbeschreibung für die Kalkulation ersetzt wird, lässt die Kammer vorliegend dahin gestellt. Denn letztendlich käme es auch diesbezüglich wieder darauf an, ob die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen wäre, bereits im vorliegenden Vergabeverfahren die Anforderungen aus den §§ 19,20 GWB und § 3 KAV zu berücksichtigen. Denn Verstöße gegen diese Vorschriften werden als Grund dafür angegeben, dass eine ordnungsgemäße Kalkulation nicht möglich gewesen sei.

(13) Ohne Bedeutung bleibt bei den festgestellten Vergaberechtsverstößen zudem, ob denn die von der Antragsgegnerin durchgeführte Wertung der Angebote ordnungsgemäß war.

(14) Gemäß § 114 Abs. 1 GWB entscheidet die Vergabekammer, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

Durch die festgestellten Vergaberechtsverstöße sind die Antragstellerin, aber auch die anderen Verfahrensbeteiligten, in ihren Rechten verletzt. Die Vergleichbarkeit der Angebote wird damit in Frage gestellt, weil die Bieter für die Kalkulation der Angebote keine klaren Vorgaben hatten. Weiterhin führt die grundsätzliche Vorgehensweise der Antragsgegnerin – also die Verknüpfung von beiden Auswahlverfahren, ohne dies offen zu legen – zu einer nach den Kartellgesetzen nicht zulässigen Umgehung bestimmter gesetzlicher Vorgaben, so dass bereits dadurch eine Wettbewerbseinschränkung nicht auszuschließen ist.

In einem solchen Fall kommt es hingegen nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin – wie mehrfach behauptet – bei der Wertung der Angebote sehr wohl § 3 KAV berücksichtigt hat. Ein ordnungsgemäßer Wettbewerb erfordert vielmehr auch die Beachtung der anderen Zielvorstellungen aus dem § 1 EnWG.

(15) Die Vergabekammer ordnet zunächst an, dass ein Zuschlag im vorliegenden Verfahren nicht erteilt werden darf. Darüber hinaus hält die Kammer eine vollständige Wiederholung des Vergabeverfahrens für erforderlich, soweit die Antragsgegnerin weiterhin an ihren Plänen zum Erwerb und zum Betrieb der Strom- und Gasnetze festhält und sie dabei als Zuschlagskriterium die „Wirtschaftlichkeit“ der Vergabe als Maßstab benennt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin bei der Wiederholung der Ausschreibung die Rechtsauffassung der Kammer zu beachten.

III.

Gemäß § 128 Abs. 1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammern Kosten zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz findet Anwendung. Die Gebühr trägt gemäß § 128 Abs. 3 GWB der im Verfahren unterliegende. Demzufolge hat die Antragsgegnerin die Gebühren für die Amtshandlungen der Vergabekammer zu tragen. Die Antragsgegnerin ist als wirtschaftliches Unternehmen der Gemeinden gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG von der Zahlung der Gebühren nicht befreit.

Die Höhe der Gebühr beträgt gemäß § 128 Abs. 2 GWB mindestens 2500 Euro. Gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 2 SektVO ist bei Aufträgen über Liefer- oder Dienstleistungen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, Berechnungsgrundlage für den geschätzten Auftragswert bei Aufträgen (mit unbestimmter Laufzeit oder) mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten der 48-fache Monatswert. Ausgehend vom Auftragswert aus dem Angebot der Antragstellerin für die hier im Streit stehenden Dienstleistungen beträgt der Berechnungsbetrag somit ca. xxxxx. Euro. Ausweislich der Gebührentabelle des Bundes und der Länder ist damit eine Gebühr in Höhe von xxxx Euro festzusetzen.

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen für den Verfahrensbeteiligten sind gemäß § 80 Abs. 3 VwVfG erstattungsfähig, soweit die Kammer die Hinzuziehung für notwendig erklärt.

Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Vertreters durch die Antragstellerin war hier notwendig, weil es nicht nur um einfach gelagerte vergaberechtliche Themen ging, sondern um komplexe Sachverhalte und Rechtsfragen. Die Antragsgegnerin hat als unterliegende Partei die Aufwendungen der Antragstellerin für deren zweckentsprechende Rechtsverfolgung zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung

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