LG Hannover, Urteil v. 24.06.2010, Az. 18 O 260/08
Im Namen des Volkes!
Urteil
In dem Rechtsstreit
Klägerin,
Prozessbevollmächtigte:
gegen
Beklagte,
Prozessbevollmächtigte:
wegen Netzübernahmevertrages
hat die 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht , den Richter am Landgericht und die Richterin
für R e c h t erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin bezogen auf die in dem als Anlage K 31 beigefügten Mengengerüst (mit Stand zum 31.12.2008) des Stromversorgungsnetzes in der aufgeführten Anlagegüter
- die im jeweiligen Zeitpunkt Ihrer Errichtung erstmalig aktivierten Anschaffungs- und Herstellungskosten (historische Anschaffungs- und Herstellungskosten) sowie das Jahr der Aktivierung,
- die der letzten, der Beklagten nach § 23a EnWG erteilten Netzentgeltgenehmigung zugrundeliegenden kalkulatorischen Restwerte gem. §§ 6, 32 Abs. 3 StromNEV sowie
- die der letzten, der Beklagten nach § 23a EnWG erteilten Netzentgeltgenehmigung zugrundeliegenden Nutzungsdauern für die laufenden Abschreibungen gemäß § 6 StromNEV
mitzuteilen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Beklagte betrieb als Rechtsnachfolgerin der aufgrund eines Konzessionsvertrages vom (Bl. 59-64 d. A.) bis zum Ablauf des Kalenderjahres das Stromversorgungsnetz für das Gebiet der Mit Rücksicht auf das Auslaufen des o. g. Vertrages im Jahre hat der schließlich entschieden, einen Vertrag über die Wegenutzungsrechte für das Stromversorgungsnetz mit Wirkung vom mit der Klägerin abzuschließen. Nach Abschluss eines entsprechenden Vertrages betreibt inzwischen die Klägerin das Stromnetz seit dem
Wegen der Übernahme des Netzes kam es zu Verhandlungen zwischen den Parteien. Die Klägerin vertrat dabei die Rechtsauffassung, sie haben einen Anspruch auf Übereignung der zur Energieversorgung in notwendigen Anlagen einschließlich des Umspannwerkes während die Beklagte nur zum Abschluss eines Pachtvertrages bereit war, der das Umspannwerk, einschloss. Ferner war bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien streitig, ob und in welchem Umfang die Klägerin Auskünfte und Daten über die Versorgungsanlagen verlangen könne.
Am schlossen die Parteien einen Pachtvertrag über den Netzbetrieb im Stadtgebiet (Bl. 348-363 sowie Anlagen Bl. 364-400 d. A.). In der Präambel dieses Vertrages heißt es u. a.:
“Die Frage, ob die gesetzliche Überlassungsverpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG einen Anspruch der gegen auf Übertragung des Eigentums an den für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung notwendigen Elektrizitätsverteilungsanlagen beinhaltet bzw. begründet, oder ob lediglich der Besitz zeitlich befristet zu überlassen ist, ist zwischen den Parteien strittig ist der Auffassung, dass die Überlassungsverpflichtung im Wege der Vermietung oder Verpachtung erfüllt werden kann. ist demgegenüber der Auffassung, dass bei gehöriger Auslegung mit Überlassung ausschließlich eine Eigentumsübertragung zu einem wirtschaftlich angemessenen Ergebnis führen kann, wenn der Kaufpreis sich entsprechend des regulatorisch bestimmten Ertragswertes ausrichtet.
Um ungeachtet der streitigen Rechtsauffassungen sicherzustellen, dass Rechte und Pflichten aus dem Stromkonzessionsvertrag mit der wahrnehmen kann, überlässt Verpächter auf Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG ihre für den Betrieb des Netzes der allgemeinen Versorgung notwendigen Elektrizitätsverteilungsanlagen der entgeltlich zur Nutzung und zum Betrieb nach Maßgabe der folgenden Vereinbarungen. die Verpachtung als vorläufige Regelung und behält sich die nachträgliche Klärung sämtlicher strittigen Fragen ausdrücklich vor.”
Die Klägerin macht gestützt auf den in der Präambel enthaltenen Vorbehalt weiterhin geltend, sie könne die Übereignung der betreffenden Versorgungsanlagen verlangen. Diesen Übereignungsanspruch verfolgt sie in einem gesonderten Rechtsstreit. Sie entnimmt der gesetzlichen Regelung des § 46 Abs. 2 S. 2 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), aus dem sich die Verpflichtung der Beklagten zur Überlassung der Versorgungsanlagen ergibt, die Nebenpflicht, ihr die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die kalkulatorischen Restwerte der Stromversorgungsanlagen mitzuteilen. Diese benötige sie sowohl um die Angemessenheit der von der Beklagten verlangten und im Pachtvertrag festgelegten monatlichen Entschädigung zu überprüfen bzw. die Höhe der Entschädigung für die Übereignung zu bestimmen sowie um die Kalkulation der Netzentgelte entsprechend den Anforderungen der Stromnetzentgeltverordnung vornehmen zu können. Letztlich seien diese Angaben für sie für die Netzentgeltermittlungen durch die Bundesnetzagentur nötig. Dies betreffe auch das Umspannwerk das zu den notwendigen Versorgungsanlagen des Stadtgebietes gehöre.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte wie erkannt zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den – inzwischen modifizierten – Antrag für unzulässig, weil der Gegenstand der Auskunft nicht ausreichend bezeichnet sei. Die Beklagte meint, dass sich weder aus § 46 EnWG noch aus sonstigen Gründen ein Anspruch auf Erteilung der verlangten Auskünfte ergebe. Die verlangten Auskünfte seien weder zur Durchführung des Netzbetriebes, noch zur Berechnung der Netznutzungsentgelte erforderlich. Sie verweist insoweit darauf, dass die Klägerin die der Beklagten genehmigten Netznutzungsentgelte vorerst weiter erheben könne, wie sich aus einer Mail der Bundesnetzagentur vom (Bl. 346, 347 d. A.) ergebe. Im Übrigen sei eine Entgeltgenehmigung nur bei einer kostenorientierten Entgeltbildung nach dem Energiewirtschaftsgesetz erforderlich. Diese sei hier aber deshalb nicht vorzunehmen, weil seit dem die Netzentgelte im Wege der Anreizregulierung nach der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) bestimmt werden. Mit Rücksicht auf die sich daraus ergebenden Erlösobergrenzen brauche die Klägerin keine Daten für die Netzentgeltbestimmung der Regulierungsbehörde mitzuteilen.
Die Beklagte macht ferner ein Zurückbehaltungsrecht geltend, weil die Klägerin die vertraglich vereinbarte Pacht in erheblichem Umfang mit der Begründung gekürzt hat, diese sei übersetzt. Die Beklagte macht insoweit ihre Zahlungsansprüche in dem Rechtsstreit 21 O 8/10 vor der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover im Wege des Urkundenprozesses geltend.
Mit Rücksicht auf das Parallelverfahren hat die Beklagte ferner mit nach der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz vom 30.03.2010 (Bl. 628 ff. d. A.) beantragt, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nach dem modifizierten Klagantrag begründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Der nunmehr gestellte Antrag ist ausreichend bestimmt. Die Klägerin hat den Gegenstand ihres Auskunftsbegehrens inzwischen durch die Vorlage der Anlage K 31, auf die im Tenor Bezug genommen wird, hinreichend konkretisiert. In der Anlage werden die Wirtschaftsgüter, bezüglich derer die Auskünfte verlangt werden, systematisch geordnet, im Einzelnen bezeichnet und in entsprechenden Plänen räumlich dargestellt. Die Beklagte hat nicht dargetan, aus welchen Gründen die in der Anlage im Einzelnen bezeichneten Leitungen und Versorgungseinrichtungen nicht zugeordnet werden könnten.
2. Der Klage fehlt auch nicht – wegen des bereits abgeschlossenen Vertrages – das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin hat sich in der Präambel des Vertrags vom 23.12.2008 ausdrücklich die nachträgliche Klärung sämtlicher strittiger Fragen vorbehalten. Dies schließt das vorliegende Auskunftsverlangen ein.
II. Die Klage ist begründet.
1. Die Klägerin kann gemäß § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG als neue Konzessionsinhaberin von der Beklagten verlangen, dass diese ihr die für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung überlässt. Die Regelung ist dahingehend auszulegen, dass diese. nicht nur zur schlichten Überlassung der notwendigen Verteilungsanlagen verpflichtet, sondern darüber hinaus zur Erteilung sämtlicher Auskünfte, die erforderlich sind, um die mit einem funktionstüchtigen Stromversorgungsnetz weitere Energieversorgung zu gewährleisten und wirtschaftlich zu betreiben. Dazu gehört auch die Erteilung der hier begehrten Auskünfte über die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten und die kalkulatorischen Restwerte.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass ein Auskunftsanspruch in § 46 Abs. 2 EnWG nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Ohnehin erscheint die Regelung unter Berücksichtigung des äußerst komplexen Regelungsgegenstandes und der sich von vornherein aufdrängenden wirtschaftlichen und rechtlichen Konflikte im Zusammenhang mit der darin angeordneten Verpflichtung zur Übertragung der Netze außerordentlich knapp. Die gesetzliche Regelung gibt keine konkrete Auskunft darüber, ob nur die Nutzung der notwendigen Verteilungsanlagen durch Pachtverträge zeitlich befristet überlassen werden muss (so hier die Beklagte) oder ob der neue Netzbetreiber einen Anspruch auf Eigentumsübertragung besitzt (so die Klägerin). Zu dieser streitigen Frage liegt bisher keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vor. Dementsprechend lässt sich aus der gesetzlichen Regelung auch nicht konkret ableiten, was unter einer “wirtschaftlich angemessenen Vergütung” zu verstehen ist, für welche Art von Übertragung diese anfällt, welche Bemessungskriterien anzulegen sind, ob diese eher ertrags- oder substanzbezogen anzusetzen sein sollen. Erst Recht fehlt es an einer Regelung, aus der sich ergäbe, wer – abgesehen von gerichtlichen Entscheidungen – bei den vorhersehbaren Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung zu deren – und sei es auch nur vorläufiger – Bestimmung aufgerufen ist.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass § 46 Abs. 2 EnWG im Lichte der allgemeinen gesetzlichen Regelungen ergänzend auszulegen ist, soweit die Vorschrift selbst keine Sonderregelung enthält. Dies gilt auch für darauf bezogene Auskunftsansprüche.
Zunächst ergibt sich ein Auskunftsanspruch der Klägerin aus § 260 Abs. 1 BGB nicht unmittelbar. Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben, hat nach dieser Vorschrift dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen. Das in diesem Zusammenhang vorzulegende Bestandsverzeichnis (vgl. hierzu BGHZ 33, S. 374) umfasst die im vorliegenden Fall begehrten Auskünfte nicht.
Ein Auskunftsanspruch ergibt sich aber nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, wenn eine zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den Bestand oder den Umfang seines Rechts im unklaren ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (st. Rspr., vgl. Palandt-Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 261 Rz. 8 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
Aus § 46 Abs. 2 EnWG in Verbindung mit dem Konzessionsvertrag der Klägerin mit der Stadt ergab sich bereits ein Anspruch der Klägerin auf Überlassung des Versorgungsnetzes. Dadurch bestand schon bei Aufnahme der Vertragsverhandlungen eine Rechtsbeziehung der Parteien, die die Beklagte zur Überlassung des Versorgungsnetzes, die Klägerin zur Leistung der angemessenen Entschädigung verpflichtete. In deren Rahmen treffen beide Seiten die Nebenpflichten, deren Erfüllung zur Umsetzung der Überlassungs- und Entschädigungspflicht erforderlich ist. Dazu gehört die Erteilung der hier begehrten Auskünfte, ohne die letztlich die Klägerin nicht erkennen kann, ob die Höhe der geforderten Entschädigung berechtigt ist, den bisher von der Rechtsprechung entwickelten Bemessungskriterien entspricht und ggf. die Übernahme des Netzes überhaupt wirtschaftlich ist.
Zunächst besitzt der Anspruchsberechtigte des § 46 Abs. 2 EnWG selbst keinerlei Kenntnis über die Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie Abschreibungen und Restwerte. Dies sind aber ohnehin üblicherweise bei der Übertragung von Geschäftsanteilen, Geschäftsfeldern und komplexen Gütern zur gewerblichen Nutzung erforderliche Daten, um die Höhe des dafür zu entrichtenden Entgeltes (sei es Pacht oder Kaufpreis) zu bestimmen. Hier kommt hinzu, dass für die Verteilungsanlagen ein echter Markt nicht existiert, sondern der neue Konzessionär auf die Überlassung der Verteilungsanlagen im Konzessionsgebiet durch den früheren Betreiber angewiesen ist, ohne selbst in diesem Zusammenhang über die für die Preisbildung erforderlichen Informationen zu verfügen. Er ist daher insbesondere weder in der Lage, auf einen anderen Anbieter auszuweichen, noch in sonstiger Weise von seinen Rechten aus dem Konzessionsvertrag in sinnvoller Weise Gebrauch zu machen. Um die Höhe der geforderten Entschädigung selbst nachprüfen zu können, müssen ihm deshalb die für deren Bemessung maßgeblichen wirtschaftlichen Grunddaten zur Verfügung stehen.
Im vorliegenden Fall ist die Pachtberechnung gemäß Anlage E zum Pachtvertrag auf der Grundlage der Sachzeitwerte ermittelt worden, für die eine angemessene Verzinsung als Pacht geleistet werden soll. In die Pachtberechnung fließen demzufolge zunächst keine ertragswertbezogenen Komponenten ein. Dies ist im Hinblick auf die sog. Kauferingentscheidung (BGHZ 143 S. 128 ff) schon deshalb überprüfungs- bedürftig, weil das Verlangen einer rein sachzeitwertbezogenen Entschädigung sogar vor Inkrafttreten des § 46 Abs. 2 EnWG schon bedenklich war, wenn der Sachzeitwert den für den Übernehmer unter kaufmännischen Gesichtspunkten maßgeblichen Ertragswert überstieg und dies faktisch zu einer Bindung an den. früheren Vertragspartner führte (a. a. O. S. 143). Nach der Neuregelung in § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG wird man in jedem Fall davon ausgehen können, dass unter einer “wirtschaftlich angemessenen Vergütung” jedenfalls keine Vergütung zu verstehen ist, die die Ertragssituation und die historischen Anschaffungskosten völlig ausblendet, zumal Letztere auch für die Netzentgelte und deren Berechnung nach § 6 NEV von Bedeutung sind. Zumindest zur Gegenüberstellung des Ertragswertes und des Sachzeitwertes waren deshalb die verlangten Auskünfte nötig.
Die Klägerin braucht diese nämlich auch, um künftig die erforderlichen Angaben gegenüber der Bundesnetzagentur zur Ermittlung der Netzentgelte machen zu können. Gemäß § 26 Abs. 2 der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) sind die Erlösobergrenzen bei einem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber und bei Netzaufspaltungen auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV neu festzulegen. Im Antrag ist anzugeben und zu begründen, welcher Erlösanteil dem übergehenden und dem verbleibenden Netzteil zuzurechnen ist, wobei die Summe der Erlösanteile die für das Netz insgesamt festgelegte Erlösobergrenze nicht überschreiten darf. Bei der vorzunehmenden Stromnetzentgeltermittlung gilt das Verbot von Abschreibungen unter Null auch im Falle der Veräußerung eines Netzes. Der Erwerber darf deshalb die kalkulatorische Abschreibung nur für den ursprünglich angesetzten Zeitraum fortführen (BGH Beschluss vom 14.08.2008 KVR 35/07 (Bl. 165-192 d. A.)). Für die künftige Netzentgeltermittlung im Rahmen eines Antrages gem. § 26 Abs. 2 ARegV ist deshalb für die Klägerin von Bedeutung, welche (tatsächlichen) Kosten und welche Abschreibungen für das von ihr übernommene Netz zu berücksichtigen sind und in die Ermittlung der Erlösobergrenzen einfließen. Zwar hat die Beklagte in diesem Zusammenhang ausgeführt, sie sei im Rahmen eines derartigen Antrages bereit, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten. Tatsachlich benötigte aber die Klägerin vor und unabhängig von der Antragstellung die betreffenden Daten, um die sich für sie daraus ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen und die voraussichtlichen Erträge abschätzen zu können. Der Bundesgerichtshof führt in seiner Entscheidung insofern Folgendes aus (BGH a. a. O. Rn. 53):
“(3) Der Senat verkennt nicht, dass sich für den Netzbetreiber im Einzelfall Härten ergeben können, wenn er Netze erworben hat, die bereits vollständig abgeschrieben sind und sein eingesetztes Kapital nicht mehr verzinst werden kann. Allenfalls kann aber im Einzelfall eine Korrektur des nach §§ 6, 7 StromNEV ermittelten kalkulatorischen Ansatzes in Betracht kommen, wenn die Verzinsung für das Netz deshalb insgesamt nicht mehr angemessen erscheint.”
Da nach § 6 Abs. 6 StromNEV der kalkulatorische Restwert nach Ablauf des ursprünglich angesetzten Abschreibungszeitraumes null beträgt und ein Wieder¬aufleben kalkulatorischer Restwerte unzulässig ist, fließen die kalkulatorischen Abschreibungen bereits vollständig abgeschriebener Anlagen nicht mehr bei der Netzentgeltermittlung gem. § 4 StromNEV mehr ein. Dies wirkt sich naturgemäß negativ auf die Netzentgelte und die Erlösobergrenzen aus. Von einem Netzübernehmer kann aber nicht verlangt werden, dass er ohne die für die Ertragssituation des Netzes maßgeblichen Komponenten zu kennen, als angemessene Entschädigung für die Netzübernahme eine Pacht oder einen Kaufpreis zu akzeptieren hat, der auf einer für die Erlösermittlung irrelevanten Kalkulation und Abschreibungsermittlung beruht und ihn deshalb potentiell benachteiligt, weil er von ihm aufzubringende Entschädigungen nicht durch angemessene Erträge kompensieren kann.
Schließlich ist davon auszugehen, dass die Beklagte die verlangten Auskünfte unschwer erteilen kann. Sie verfügt über sämtliche Informationen für das Versorgungsnetz und benötigte diese als bisherige Netzbetreiberin letztlich ohnehin, um eine Ermittlung der Netzentgelte nach der StromNEV für ihr Netz zu ermöglichen, insbesondere in Bezug auf die kalkulatorischen Abschreibungen gemäß § 6 NEV. Sie müsste sonst ggf. auch im Rahmen des o.g. gemeinsamen Antrags die betreffenden Daten zusammenstellen.
Der Anspruch ist durch den Abschluss des Vertrages der Parteien nicht entfallen. Dieser enthält einen gerade auf die Überprüfung der angemessenen Entschädigung abzielenden Vorbehalt (s.o.). Die Klägerin war bei Unterzeichnung des Vertrages einerseits nicht in der Lage, die Angemessenheit ausreichend zu prüfen, konnte andererseits ohne vertragliche Grundlage aber die Netzübernahme nicht zeitnah
durchsetzen.
2. Der Auskunftsanspruch umfasst auch das Umspannwerk . Es handelt sich dabei um eine Anlage, die zur allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendig ist. Das Umspannwerk ist von der Beklagten auch auf der Grundlage von § 2 Nr. 3 des Konzessionsvertrages vom betrieben worden. Die Tatsache, dass dieses Umspannwerk auch für die Versorgung anderer Gebiete benutzt wird, steht der Zuordnung zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet nicht entgegen. Hier ist vom Sinn und Zweck der Regelung in § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG auszugehen. Danach ist Voraussetzung für den Überlassungsanspruch zum einen, dass es sich um eine Anlage handelt, die aufgrund eines Konzessionsvertrages mit einer Gemeinde zu deren allgemeiner Energieversorgung betrieben worden ist. Zum anderen muss die Anlage für den Betrieb der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendig sein. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Demgegenüber führte die Auslegung der Beklagten zu einem gerade nach § 46 Abs. 2 EnWG nicht gewollten Ewigkeitsrecht bezüglich der Anlagen, die sich im Gebiet einer Gemeinde befinden, aber für die Versorgung mehrerer Gemeinden notwendig sind. Sogar wenn sämtliche auf die Anlage angewiesenen Kommunen ihre Netze dritten Betreibern übertragen hätten, könnte keiner dieser Betreiber eine Überlassung der Anlage verlangen. Dies widerspricht dem Sinn und Zweck des § 46 Abs. 2 EnWG. Deshalb ist von einem Überlassungsanspruch bei für mehrere Gemeindegebiete notwendigen Anlagen für die Gemeinde auszugehen, in deren Gemeindegebiet sich die betreffende Anlage befindet und von der sie zuvor konzessioniert worden war.
3. Die Klägerin kann die Auskunft nicht wegen der gekürzten Pachtzahlungen verweigern oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Die Beklagte war vor und unabhängig von den Pachtzahlungen verpflichtet, bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen bei der Bestimmung der angemessenen Entschädigung die begehrten Auskünfte zu erteilen. Sie befindet sich mit der Erteilung der Auskünfte spätestens aufgrund der Klagerhebung (Zustellung am ) im Verzug. Da der Anspruch auf die begehrten Auskünfte gerade im Hinblick auf die Ermittlung der angemessenen Entschädigung besteht und diese deshalb verlangt werden, ist hier umgekehrt von einem Zurückbehaltungsrecht der Klägerin bezüglich der Pachtzahlungen in Höhe eines angemessenen Betrages auszugehen.
Aus diesem Grund war auch nicht der vorliegende Rechtsstreit auszusetzen, da dessen Entscheidung nicht von dem Parallelverfahren abhängt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.