Der Bundestag hat am 01. Dezember 2016 die Novellierung der §§ 46 ff. EnWG beschlossen. Das Parlament stimmte dem Entwurf (BT-Drucksache 18/8184) in seiner Sitzung am 01.12.2016 mit Änderungen (BT-Drucksache 18/10503) zu.
Wesentliche Neuregelungen sind:
- Die wirtschaftlich angemessene Vergütung für den Erwerb von Strom -und Gasnetzen wurde auf den objektivierten Ertragswert festgelegt, wenn sich die Parteien nicht auf eine andere Vergütung einigen.
- Der Auskunftsanspruch der Gemeinde vor Auslaufen des Altkonzessionsvertrages wurde konkretisiert.
- Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft dürfen bei der Neukonzessionierung berücksichtigt werden, eine Inhouse-Vergabe ist jedoch weiterhin unzulässig.
- Es wurden fristgebundene Rügeobliegenheiten mit Präklusionswirkung eingeführt.
- Anträge auf einstweilige Verfügung sind nur binnen 15 Tagen zulässig. Ein Verfügungsgrund muss nicht glaubhaft gemacht werden.
- Die Pflicht zur Fortzahlung der Konzessionsabgabe besteht künftig bis zur Übertragung der Verteilungsanlagen auf einen neuen Vertragspartner fort. Dies gilt nicht, wenn es die Gemeinde unterlassen hat, ein Konzessionierungsverfahren durchzuführen.
- Unterlegene Bieter haben unter Berücksichtigung des Geheimwettbewerbs ein Recht auf Akteneinsicht.
- Der Streitwert im Zusammenhang mit Konzessionsstreitigkeiten im einstweiligen Verfügungsverfahren wurde auf max. 100.000 € gedeckelt. Dies gilt allerdings nicht für Netzübernahmestreitigkeiten.
Ziel des Gesetzgebers ist es, für die Gemeinden und die betroffenen Energieversorgungsunternehmen bei der Vergabe von Konzessionsverträgen Strom und Gas die Verfahrenssicherheit zu erhöhen und damit Rechtsstreitigkeiten in diesem Zusammenhang zu reduzieren. Ob dies gelungen ist, ist zweifelhaft. Zwar enthält das nun beschlossene Gesetz ausdrückliche Regelungen zur Akteneinsicht und eine Pflicht zur Rüge mit Präklusionswirkung. Diese neuen Regelungen werden aber zunächst die Rechtsunsicherheit vergrößern, bis wesentliche Fragen von der Rechtsprechung geklärt wurden.
Nach den neuen Regelungen besteht nun die Möglichkeit, dass ein Verfahren drei Mal von einem EVU angegriffen und gerichtlich überprüft wird (nach der Bekanntmachung, nach Mitteilung der Auswahlkriterien und nach Information über das Verfahrensergebnis). Es ist absehbar, dass dies zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen kann.
Die größten Streitpunkte in Konzessionierungsverfahren, nämlich die Frage, wie Wertungskriterien und die Wertung zu gestalten sind, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Diese Fragen müssen weiterhin von der Rechtsprechung geklärt werden. Ebenso hat der Gesetzgeber die Chance nicht ergriffen, die Vergabe von Konzessionsverträgen Strom und Gas ausdrücklich den in §§ 97 ff. GWB und der Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) enthaltenen Regelungen zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen zu unterstellen.
Der Entwurf der Neuregelungen (BT-Drucksache 18/8184) ist abrufbar unter https://www.bundestag.de/blob/423872/72b6c185d1cfb85e97d4373342eef984/gesetzentwurf_18-8184-data.pdf
Die beschlossenen Änderungen an diesem Entwurf (BT-Drucksache 18/10503) finden Sie unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/105/1810503.pdf.