Durch Urteil vom 26.09.2013 (Az. U 3589/12 Kart) hat der Kartellsenat des OLG München die Entscheidung des Landgerichts München I vom 01.08.2012 (Az. 37 O 22218/11) bestätigt. Danach führt die Vereinbarung von unzulässigen Nebenleistungen im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV zur Gesamtnichtigkeit des Konzessionsvertrags.
In konsequenter Anwendung dieser Rechtsauffassung wären eine Vielzahl von Konzessionsverträgen in Deutschland nichtig. Dies beträfe z.B. auch die Konzessionsverträge, die auf dem Musterkonzessionsvertrag des Landes Baden-Württemberg basieren.
Nach Auffassung des OLG München ist die Vereinbarung von unentgeltlichen Unterstützungsleistungen oder die unentgeltliche Herausgabe von Daten im Rahmen der Erstellung regionaler oder kommunaler Energiekonzepte im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Wegenutzungsvertrages stets unzulässig. Auch bei reinen Beratungsleistungen handele es sich um Leistungen vermögensrechtlicher Art, da hiermit jedenfalls personeller Aufwand verbunden sei. Gleichwohl gibt es nach dem Verständnis des OLG München aber zulässige “rein ideelle Leistungen”. Die Abgrenzung bleibt allerdings unklar.
Unzulässig sei auch eine Verpflichtung des Konzessionsnehmers, die Eigenerzeugung von Strom durch die Gemeinde, wo sie ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll ist, zu unterstützen.
Verboten ist nach Auffassung des OLG weiter die Verpflichtung des Konzessionsnehmers, der Konzessionsgeberin auf ihren Wunsch Dienstleistungs-Angebote seines Konzerns zu vermitteln. Die Vermittlung solcher Angebote, die den Einsatz von Personal erfordere, stelle ebenfalls eine unzulässige Sachleistung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV dar, da auch hierfür keine Gegenleistung vereinbart worden sei.
Die vorgenannten Verstöße führen nach Auffassung des OLG München gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit des gesamten Konzessionsvertrages. Dies erfordere der Schutz der Mitbewerber bei Verstößen gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 KAV. Das von der Klägerin vorgebrachte Argument, bei der KAV handele es sich nur um Preisrecht, dessen Nichtbeachtung wie bei der HOAI nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führte, ließ das OLG München nicht gelten: Anders als bei der HOAI richte sich die Vorschrift an beide Vertragspartner, so dass die Rechtsprechung des BGH zur Nichtbeachtung der HOAI nicht analog angewandt werden könne. Die im Konzessionsvertrag vereinbarte, salvatorische Klausel hilft nach Auffassung des OLG München nicht weiter.
Da der Konzessionsvertrag und die Abtretungsvereinbarung als einheitliches Rechtsgeschäft (§ 139 BGB) zu sehen seien, erfasse die Nichtigkeit des Konzessionsvertrags auch die Abtretungsvereinbarung. Die Klägerin habe damit kein Recht zur Übereignung der Versorgungsanlagen, und auch die sonstigen Ansprüche (z.B. Auskunftserteilung) seien nicht begründet.
Dass der Einwand der Nichtigkeit erst mehr als zwei Jahre nach Bekanntmachung der Auswahlentscheidung von dem abgebenden Netzbetreiber geltend gemacht wurde, störte das OLG München nicht: Nach einhelliger Auffassung fänden die § 97 ff. GWB auf die Vergabe von Verträgen nach § 46 EnWG keine Anwendung, da die Vergabe der Konzession kein Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 99 Abs. 4 GWB sei. Anders als das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09.01.2013, Az. VII-Verg 26/12) und das Landgericht Köln (Urteil vom 07.11.2012, Az. 09 O 59/12) kommt das OLG München daher zu dem Ergebnis, es bestehe auch keine Regelungslücke, die eine analoge Anwendung dieser Vorschriften ermöglichen könne. Die Beklagte habe ihr Recht, sich auf die Unwirksamkeit zu berufen, auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt.